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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
43. Jahresband.1963
Seite: 244
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Lorenz Brentano (1812—1891)

Die Führung des Landes-Ausschusses der Demokratischen Volksvereine, deren
sich die 1848er Revolutionäre als ihrer Organisation bedienten, hatte Lorenz
Brentano übernommen. Nach der Flucht Großherzog Leopolds wurde er zum
Leiter der provisorischen badischen Regierung gewählt. Außer Brentano gehörten
ihr Amand Goegg, Joseph Fickler, Ignaz Peter und Franz Sigel an. Wegen seiner
versöhnlichen Haltung und Vermittlung verlor Brentano das Vertrauen der
Radikalen. Am 6. Juni 1849 rückte Gustav von Struve mit Scharfschützen in
Karlsruhe ein; Brentano sollte wegen angeblicher Verhandlungen mit der Reaktion
erschossen und die „Rote Republik" ausgerufen werden. Doch bevor Struve dazu
Gelegenheit fand, mußte er wieder einmal der Gewalt weichen. Die besonnene
Karlsruher Bürgerwehr verhaftete ihn und die gewalttätigsten seiner Anhänger.

Erbittert gestand Brentano nach dem Zusammenbruch der Volkserhebung:

„Ich habe mich getäuscht. Eine Versammlung, deren Mehrheit aus ganz unfähigen
Schreiern besteht, bot das kläglichste Bild einer Volksvertretung, welche je
getagt, und welche ihren gänzlichen Mangel an Einsicht und Kenntnissen hinter
sogenannten revolutionären Anträgen verbergen wollte."

Aus diesem Endurteil spricht bestimmt viel Enttäuschung und viel Groll. Es ist
einseitig und ungerecht, im Grunde bleibt indessen die Erkenntnis bestehen, daß
auch die besonnensten Wortführer des Aufstandes auf ihre Aufgabe nicht genügend
vorbereitet und daher den Anforderungen nicht gewachsen waren, daß sie ferner
nicht Kraft und Entschluß aufbrachten, die Zerstörungswut der Nihilisten und
Anarchisten niederzuzwingen.

Auch Brentano wählte die Flucht über den Ozean. Am 27. Dezember 1849 kam
aus New-York die Nachricht, er sei auf die Farm Dr. Eberts von der ehemaligen
„Reichszeitung" gezogen. Kurz darauf wurde er in Illinois Miteigentümer und
Redakteur der „Staatszeitung". In seinen Berichten stellte er sich schützend vor
Friedrich Hecker, als dieser sich im Sezessionskriege durch seine marktschreierischen
Regimentserlasse viele Gegner auf den Hals zog. Eines Abends lauerte der deutsche
Flüchtling Nissen Lorenz Brentano auf dem Heimwege auf, hieb nach kurzem
Wortwechsel mit einem Stock auf ihn ein und zog, als der Überfallene sich wehrte,
die Pistole. Brentano wurde durch einen Streifschuß am Kopfe verletzt.

Im November 1862 wußte eine Zeitungsnotiz zu melden, der Rebell Brentano
„sehe sich in Amerika in keiner günstigen Lage". Er wolle die Amnestie benutzen
und nach Deutschland zurückkehren. Wenige Tage später widerrief Brentano diese
Mitteilung und betonte, er denke vorerst nicht an eine Wende. Er lebe in günstigen
Verhältnissen, da er Teilhaber der bereits seit vierzehn Jahren bestehenden, sehr
verbreiteten und einflußreichen „Illinois-Staatszeitung" sei.

Otto von Corvin-Wiersbitzki (f 1886)
Im Appell zur Bildung Demokratischer Volksvereine war als deren Auftrag

hervorgehoben worden:

„Wir trachten vor allem, die Armeen zu sprengen, in der Überzeugung, daß die

Fürsten nicht imstande sind, eine zweite zu sammeln."

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