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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
44. Jahresband.1964
Seite: 7
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G r u n d h e r r s c h a f t und L a n d e s h e r r s c h a f t.

Wie wir bereits ausführten, ist die eben beschriebene Grundherrschaft nur ein
Teil der im Lande waltenden Gewalten u). Sie ist der Landesherrschaft ein- und
untergeordnet. Und die Landesherrschaft war weiterhin in der Hand des Königs,
von dem das Land als Lehen an einen Stellvertreter „vergabt" war. Das waren
zunächst die Zähringer. Sie waren zwar auch Grundherren, brauchten es aber
nicht notwendig zu sein. Aus ihren ganz frühen Grundherrschaften war langsam
„Eigenbesitz" geworden, den sie neben den Lehen, die sie sammelten wie ein
Bauer einzelne Äcker, zu verwalten und zu nutzen hatten. Offenbar gedachte
Werner IL, Graf von Achalm und Bischof von Straßburg, bei dem Erwerb von
Ulmena in die gleiche Entwicklung einzusteigen. Daß es ihm nicht gelang, war
Schuld der in seinen Tagen ausbrechenden ersten großen deutschen Revolution12),
des sogenannten Investiturstreits. Werner war intimer Ratgeber Heinrichs IV.
und dessen Begleiter in Canossa, tätigster Gegner des Papstes Gregor VII. in Süddeutschland
. Er starb 1079 in Pforzheim auf einem Kriegszug gegen das Kloster
Hirsau, den deutschen Vorort der cluniazensischen Bewegung. Wenn wir, ohne
weiter auf seine sehr interessante politische Rolle einzugehen, erwähnen, daß seine
bei ihm in Straßburg begrabene Mutter eine Gräfin von Mömpelgard war, so wird
uns der Sinn seiner Erwerbung der Ulmer Grundherrschaft klarer. Alle Herrschaften
bauten sich in Streulage, gewissermaßen aus lauter Meiereibezirken auf. Diese
Streuung war überall so geordnet, daß durch die Verpflichtung der Grundholden
für „Robot und Reis" gewissermaßen Etappenstationen l3) geschaffen wurden, die
die größeren Bezirke miteinander verbanden. Werner braucht nicht notwendig an
ein geschlossenes Gebiet und dessen Ausweitung gedacht zu haben, ja, hat in den
Vorstellungen seiner Zeit gewiß nicht daran gedacht. Aber er brauchte zwischen
seinen schwäbischen und elsässischen Besitzungen eine Etappe, und die bot sich
ihm in Ulm, eine Tagreise von Straßburg entfernt, an. (Er hat Sigfrid mit zwei
Gütern bei Wolfgangesheim [Breisach] und Uttenheim [Mauersmünster] dafür
entschädigt.) Werners Nachfolger, soweit sie Schwaben waren, sind systematisch
weiter gegen den Kniebis vorgedrungen. Und von drüben her stießen die
schwäbischen Geschlechter auf der Ostseite gegen die Barriere des Berges vor. Noch
im 17. Jahrhundert gingen die württembergischen Herzöge Friedrich und Eberhard
den gleichen Weg in umgekehrter Richtung. Auch sie, immer noch keine Territorialherren
im modernen Sinn (was sie erst in der Folge der Reformation wurden),
wählten dazu auch den Weg über die Grundherrschaft, indem sie aufkauften, was
irgendwie möglich war. Aber das Bistum war ihren Händen entglitten und hatte
selbst als Landesherrschaft 1330 endgültig und gewissermaßen doppelt Fuß gefaßt.

Grundherrschaft unterscheidet sich für die Bauern von der Landesherrschaft durch die Art der
Abgaben. Der Grundherrschaft schulden sie den Zehnten, den Todfall, die Neufestsetzungsabgabe und alle
„Dienste" wie Hand- und Spannfronen; die Landesherrschaft allein kann Steuern (Bede) ausschreiben,
allgemeine Umlagen erheben und zum Waffendienst verpflichten.

12) Vgl. Rosenstoek-Hüssy: Die europäischen Revolutionen und der Charakter der Nationen. Kohlhammer
Verlag 1961.

13) Diese „Etappenziele" ersetzen die fehlenden Wirtschaften und Poststationen, stellen die notwendigen
Stafetten über weite Entfernungen, bilden Stützpunkte für Märkte und liefern notwendige örtliche Erzeugnisse
an die Zentrale.

2 Die Ortenau

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