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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
44. Jahresband.1964
Seite: 152
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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/ortenau1964/0164
ausgedehnte Kolonie, „ein Königreich Hanauisch-Indien", an
der Nordostküste Südamerikas zwischen Orinoko und Amazonenstrom zu gründen.
Als außerordentlicher Gesandter vollzog Dr. Becher in Amsterdam selbst den
Vertrag und entlockte dem Grafen wiederum beträchtliche Summen für diesen
großangelegten Schwindel (im Hinblick auf die koloniale Gründung des Großen
Kurfürsten in Afrika wäre der Gedanke an sich ja nicht zu verurteilen gewesen!).
Eine allegorische Darstellung dieses abenteuerlichen Kolonialunternehmens aus dem
Jahre 1669 wurde von dem gräflich-hanauischen Hofmaler J. D. Welker ausgeführt.
Das Originalgemälde befindet sich in der Staatl. Kunsthalle zu Karlsruhe.

Dieses turbangeschmückte Negerbüblein war ein Geschenk der holländisch-westindischen
Gesellschaft in Amsterdam zum Abschluß des Vertrages gewesen. Aber
Hanauisch-Indien erwies sich in der Folge als ein ausgemachter Betrug ausländischer
Kaufleute an einem deutschen Reichsfürsten und trat nie wirklich in Erscheinung.

Es war unschwer vorauszusehen, daß Dr. Bechers Schwindeleien den Grafen in
ernsteste Geldverlegenheiten stürzen würden. Sie trieben ihn abermals dem Landgrafen
Georg Christian zu Hessen-Homburg, der in spanischen Diensten zum
Katholizismus übergetreten war, in die Arme. Zur Erlangung des notwendigen
Geldes war u. a. beabsichtigt, die Grafschaft Hanau-Lichtenberg dem Herzog von
Lothringen zu verpfänden. Die eindringlichen Vorstellungen der wenigen redlichen
Beamten machten auf Friedrich Casimir keinen Eindruck. Um dieser beklagenswerten
Mißwirtschaft ein Ende zu bereiten, leitete nun des Grafen tätige Schwägerin
Anna Magdalena zur Wahrung der Erbrechte ihrer beiden minderjährigen Söhne
mit aller Entschiedenheit die erforderlichen Schritte ein. Zur Vorbeugung der
drohenden Verpfändung wertvoller Gebietsteile an das katholische Lothringen
versicherte sich die vormundschaftliche Regierung in Bischofsheim des festen Stammschlosses
Lichtenberg und der elsässischen Ämter. Auch die junge Mannschaft des
Ausschusses der rechtsrheinischen Ämter Lichtenau und Willstätt empfing den
Befehl zur Wache nach Buchsweiler. Gleichzeitig wurde die Residenzstadt Hanau
selbst durch Graf Joh. Philipp während der Abwesenheit Friedrich Casimirs unter
Beistand mehrerer höherer Beamter und des Kommandanten im November 1669
überrumpelt und die Regierungsgewalt übernommen. Mit Hilfe seiner Anhänger
vermochte aber der Graf am 2. Dezember die Stadt wieder zu betreten. Nun hielt
Friedrich Casimir ein umfassendes Strafgericht über die Abtrünnigen. Der Kommandant
der Stadt und Festung Hanau, Obrist Oswald von Glaubitz, wurde zum
Tode verurteilt, aber begnadigt und nach Erlegung von 1000 Reichstalern auf seine
Güter nach Lichtenau entlassen (f 1671 zu Straßburg)16). Ähnlich hohe Geldstrafen
trafen die hohen Beamten; Dr. Loos und des Grafen Sekretär Joh. Georg Seyfert
waren zu ihrem Glück abwesend gewesen. Graf Joh. Philipp aber starb vor Aufregung
über diesen, wenn auch unblutigen Ausgang des Hanauer Staatsstreiches am
28. Dezember a. K. 1669 in Babenhausen.

In einem Schreiben an die Stadt Straßburg vom 20. Januar 1670 wandte sich Graf
Friedrich Casimir gegen das Geschrei, als trüge er die Absicht, auf die Grafschaft Hanau-
Lichtenberg eine ansehnliche Summe Geldes von etlich 100 000 Reichstalern bei dem Herzog

16) Über des Obristen Lebenslauf siehe „Die Ortenau", 23. Jahresheft 1936.

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