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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
44. Jahresband.1964
Seite: 209
(PDF, 61 MB)
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aufzufangen und dann weiterzugeben. Wer nicht aufpaßte wie ein Heftlesmacher,
mußte dem nicht aufgefangenen Ball auf eine große Strecke nachrennen und kam
dann schnaufend zurück an seinen Platz, denn der Ball wurde jeweils mit großer
Kraft geworfen. Somit war das Spiel ein recht anstrengendes Geschicklichkeitsspiel
. Noch mehr Gewandtheit erforderte der Reiterball. Die Ballschleuderer
waren „beritten" und mußten sich beim Auffangen des Balles häufig nach vorn,
nach der Seite oder gar nach hinten beugen; oft bekamen sie das Übergewicht und
rutschten oder fielen zu Boden, gar wenn das „Roß" nicht standfest war. -

Die Waldmatter Buben holten alljährlich den Frühling ein

Waldmatt war ursprünglich selbständige Gemeinde, jedoch nach Neusatz ein-
gepfarrt und -geschult. Der halbstündige Kirchenweg wie der Schulweg fiel den
Buben und den Mädeln gleich sauer, sie hielten sich von den „Hurzeln" fern
schon beim Spielen. Doch hatte ich in Waldmatt einen Freund, den Bäuerles
August. Der lud mich an einem sonnigen Märztag nach dem Amt ein: die Waldmatter
Buben wollten den Frühling wieder einmal einholen.

So Stücker dreißig zogen wir los zum Waldrand unter der Windeck. Wer noch
kein Sackmesser besaß, dem hatte die Mutter ein Küchenmesserlein mitgegeben.
Wir „Großen" verteilten uns an die Salweidenstauden und schnitten für die
Kleinen, den „Samen", die Schosse ab für die Huppen und die Pfeifen. Die
Großen säbelten dicke Zweige ab, ritzten die Rinde in Schraubenlinie, zogen sie
ab und ringelten sie auf zur trichterförmigen „Päper" von immerhin 20 Zentimeter
Länge. In das enge Ende wurde eine Huppe gesteckt. Nachdem auch das
kleinste Büblein wenigstens mit einer Huppe ausgerüstet war, trat der Musikzug
in Viererreihen an zu kurzer „Probe". Die Kleinen wurden an die Spitze gestellt,
die Größten an den Schwanz. Am oberen Ortseingang marschierten wir los
— ohne Tritt, er wäre ja doch nicht zu halten gewesen —, und die Musik begann.
Jeder der Musikanten strengte sich aus Leibeskräften an, und mit vor Freude und
Stolz geröteten Wangen zogen wir durch die paar Sträßlein. Vor den Häusern stand
alt und jung und freute sich an den goldig leuchtenden „Kätzlein" an den Kappen
und Hüten, mehr noch am Getön unserer „Instrumente". Sie war vielstimmig,
unsere Musik, melodisch zwar, aber nichts weniger als harmonisch; sie dürfte
wohl wie ein mittelalterlicher „Pfeifertag" anzuhören gewesen sein. Aber die
Freude der Bläser war ungetrübt, solange die Huppen, die Pfeifen und die Päpern
ihren Dienst taten, und mit Stolz musterten die Alten das heranwachsende Geschlecht
. Dabei stiegen in den ganz Alten verschwommene Erinnerungen auf: Auch
die vor ihnen gewesen waren, hatten die Wende der Sonne festlich begangen, den
ersten Frühling hatten sie in einer Frauengestalt, der Schützerin von Haus und
Hof, der Freyja, gegrüßt. Ob wohl diese Einholung noch ihr galt?

Nachdem die „Schalmeien" verklungen waren, schnitten sich die Buben bei
Regenwetter an der Schnitzbank des Vaters oder des Krummholzes ein Paar
„Kläpperle", auch die Neusatzer: Hartholzbrettlein von 8 cm Länge, 3 cm Breite
und 5 mm Dicke. In der Nähe des einen Endes wurde ein Einschnitt gemacht zum
Einklemmen der beiden Brettlein zwischen die Finger. Je nachdem der Klepperer

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