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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
45. Jahresband.1965
Seite: 33
(PDF, 62 MB)
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duktion schmilzt zusammen, sei er nun in Geld oder in Naturalien festgelegt. Die
dem Bauern zur Verfügung stehenden Abwehrmöglichkeiten, die Erhöhung der
„Marktquote" 4) oder ein Ausweichen auf Erzeugnisse, die für den Preisrückgang
weniger anfällig waren, fehlen dem Adel. Die Einnahmen, die ihm aus eigenem
landwirtschaftlichem Betrieb erwachsen, sind im Verhältnis zu den Gesamteinnahmen
meist zu gering, als daß eine Produktionsausweitung oder -Umstellung sich
spürbar auswirken könnte. Eine zweite Maßnahme zur Bremsung des Einkommensrückgangs
, die Neufestsetzung und zugleich Erhöhung der ständigen bäuerlichen
Abgaben, ist in dieser Zeit in der Ortenau noch nicht festzustellen; auch eine Umformung
der Naturalabgaben zu Geldabgaben läßt sich noch nicht nachweisen.
Beides hätte aber auch nur für eine kurze Zeitspanne Erleichterung verschafft. Da
es sich dabei nur um eine Neu f i x i e r u n g , nicht aber um eine dauernde A n -
g 1 e i c h u n g der Abgaben an das gleitende Preisgefüge hätte handeln können,
wäre schon nach fünf oder zehn Jahren durch den weiteren Preisfall bzw. durch die
weiteren Münzverschlechterungen das alte Mißverhältnis wiederhergestellt gewesen,
wäre nur ein Aufschub, nicht aber eine Heilung erreicht worden.

In der Literatur fehlen bisher Darstellungen, die bereits für das frühe 14. Jahrhundert
der engen Verzahnung von Preisfall, Münzverschlechterung und Verarmung
des ritterlichen Adels nachgehen. Während der Vermögenszerfall des Adels
in dieser Zeit entweder überhaupt nur konstatiert, nicht aber erklärt wird, oder
aber auf überreiche Schenkungen an die Klöster 5), auf Mißwirtschaft, Luxus, Händelsucht
6), auf politische Gründe 7) und gar auf einmalige Zufallskatastrophen 8)
zurückgeführt wird, sieht die neuere Forschung als Ursachen des Vermögenszusammenbruchs
der späteren Zeit vor allem Ausstrahlungen eines Umbruchs der Gesamtwirtschaft
: es sind „offenbar namentlich vier verschiedene Momente, die hier
zusammenwirken. Einmal ist es der Rückgang der Kaufkraft der in älterer Zeit
nominal fixierten Geldzinsen.. . . Diese Tendenz wurde nun noch verstärkt durch
einen zweiten Umstand, nämlich den Verfall der Agrarpreise. . . . Einen dritten
Grund haben wir in der Tatsache zu erblicken, daß zahlreiche Hufen und sonstige
Bauernstellen nicht mehr besetzt sind. Daß sich dies für die Grundherren in entsprechend
starker Minderung ihrer Einnahmen auswirken mußte, liegt auf der
Hand. . .. Schließlich mußten weitere Minderungen dort eintreten, wo die Grundherren
einen Eigenbetrieb besaßen, für dessen Bebauung sie auf Gesinde oder freie
Tagelöhner angewiesen waren" ').

Die Theorie Lütges aber hat dazu verleitet, das Jahr 1350 als Stichjahr für den
Beginn des gewaltigen Niederganges der Wirtschaftskraft des Niederadels anzunehmen
. Sein Sturz aus der schwindelnden wirtschaftlichen Höhe während der ersten
fünfzig Jahre des Jahrhunderts wurde übersehen. Lediglich Ernst Kelter hat diesen
Fehler zu korrigieren versucht. Im Anschluß an die Gedankengänge Lütges vermutet
er, „daß um die Mitte des 13. Jahrhunderts schon einmal besonders schwere
Pestwellen, ähnlich wie 1347/50, über Europa hereingebrochen waren" 10). Die den
späteren Pestwellen analogen Auswirkungen dieser Seuchen könnten eine mögliche
Erklärung für die schwierige Lage des Ritteradels am Ende des 13. und in der ersten
Hälfte des H.Jahrhunderts darstellen. Der zeitliche Abstand zwischen Krisenursache

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