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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
45. Jahresband.1965
Seite: 125
(PDF, 62 MB)
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ein neues, vierteiliges Geläute geliefert, das in den Tönen es-ges-as-b harmonisch
erklingt. Die große Glocke im Gewicht von 1100 kg ist Maria, der Königin des
Friedens, geweiht, die zweite mit 600 kg dem hl. Josef als Beschützer der christlichen
Familien, die dritte, die 400 kg wiegt, dem Kirchenpatron St. Pankratius,
dessen Bekennermut in der Inschrift angerufen wird, und endlich die kleinste mit
300 kg den Schutzengeln, die unsere Jugend in den Gefahren der Zeit bewahren
sollen. D.

Eine ergötzliche Begebenheit aus der Kulturkampfzeit
erzählt uns der 1854 in Johannisberg geborene und 1930 in St. Märgen verstorbene
Schulmann und Schriftsteller Peter Scherer. In seinem 1928 im Herderverlag
erschienenen Buch „Im alten frohen Rheingau" findet sich aus seiner Straßburger
Studentenzeit auf Seite 109/11 folgender Bericht:

„An einem Sonntag schlug Adolf Gröber (der spätere württembergische
Zentrumsführer) vor, mein Freund Logarithmus (Kneipname eines Philologiestudenten
), der als Einjähriger bei den Württembergern diente, und ich sollten ihn
nach Windschläg (zwischen Appenweier und Offenburg) begleiten; er habe
dem dortigen Pfarrer (Landolin Kiefer?) Grüße von einem geistlichen Freund in
Stuttgart zu bestellen. Als wir in Windschläg den Zug verließen, fragten wir einen
Jungen, wo das Pfarrhaus sei. Statt uns die gewünschte Auskunft zu geben, machte
er spornstreichs kehrt und rannte, so schnell ihn seine Beine trugen, ins Dorf. Wir
fanden das Pfarrhaus in offenbarer Bestürzung, die Haushälterin sah uns mit
feindlichem Mißtrauen an und erklärte mit großer Giftigkeit, sie wisse nicht, ob
der Herr Pfarrer zu Hause sei. Auf jeden Fall nehme er des Sonntags keinen
Besuch an usw. Ärgerlich über den unhöflichen Empfang erklärte Gröber kurz
angebunden, weshalb wir gekommen seien, ersuchte den weiblichen Zerberus,
dem Herrn Pfarrer die entsprechenden Mitteilungen zu machen, und wandte sich
der Haustür zu. In diesem Augenblick trat aus dem nächsten Zimmer ein ältlicher
geistlicher Herr, stellte sich als Hausherr vor, bedankte sich bei Gröber für die
Grüße seines lieben Freundes und bat uns mit größter Herzlichkeit, doch bei ihm
einzutreten. Die Köchin, die mit offenem Munde dabeistand und über das Entgegenkommen
ihres Herrn wie über etwas ganz Unbegreifliches staunte, empfing
die Weisung, für gute Bewirtung zu sorgen. Dann kam die Aufklärung.

Es war damals die Zeit des heißesten Kulturkampfes. Der Kaplan war wegen
Vergehens gegen den sogenannten Kanzel- oder Lutzparagraphen angeklagt, was
natürlich jedes Kind im Dorf wußte. Der Junge am Bahnhof hatte uns für eine
Kommission angesehen, die den Kaplan verhaften wolle, und diesem schleunigst
die Meldung gemacht, der Amtsrichter (Gröber) komme mit einem Schreiber
(meine Wenigkeit) und dem Gendarmen (Einjähriger Logarithmus), um den jungen
Priester zu holen. Nun war des Lachens kein Ende, der Kaplan, der sich in einem
Nachbarhause versteckt hatte, wurde herbeigerufen, und es gab einen vergnügten
Sonntagnachmittag.

Mit diesem tragikomischen Erlebnis, das sich ja harmlos und heiter von dem
trüben Hintergrund einer schweren Zeit abhebt, mag meine Plauderei schließen."

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