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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
45. Jahresband.1965
Seite: 130
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eine der revolutionären Forderungen gewesen, die von der Regierung übernommen
worden waren: eine Ironie der Geschichte, daß die ersten dieser neuen „Volksgerichte
" just „die Putschisten von 1848" abzuurteilen hatten!

Die Verteidigung hatte der Mannheimer Anwalt und der Vorsitzende der
badischen Volksvereine, Brentano, übernommen, der mit seiner juristischen Beredsamkeit
sich rasch Volkstümlichkeit nun auch in Oberbaden erwarb, wenngleich er
für seine beiden Klienten, Struve und Blind, die als erste abgeurteilt wurden, keinen
Freispruch erzielte. Aber ihre acht und fünf Jahre Zuchthaus brauchten sie in
Bruchsal nicht abzusitzen: wenige Wochen später befreite sie die Revolution und
führte den linksintellektuellen Balten Struve zu seiner hübschen, für Rastatter
Offiziere gefährlichen Madame in die Festung der revoltierenden Rekruten, Ein-
ständer und Unteroffiziere zurück.

Goegg revolutioniert das badische Militär

Nicht minder bedeutsam, ja, vielleicht machtpolitisch das entscheidendste Moment
in der planmäßigen Vorbereitung der zweiten republikanischen Erhebung Badens
war die sehr bewußte Agitation, die Goegg bei den Mannschaften und Unteroffizieren
des badischen Militärs entfaltete. An Stoff zu propagandistischer Auswertung
in der Richtung auf eine Militärrevolte fehlte es bei den Zuständen in
den Kasernen nicht: Prügel, grobe Behandlung, Gamaschendienst, pedantische
Fuchserei, dumme Überheblichkeit der Offiziere, grausame und entehrende Strafen
waren Tatsachen, denen gegenüber die neuen Lehren von den Soldatenfreiheiten
und Soldatenrechten als erstrebenswertestes Ziel selbstverständlich revolutionär
wirken mußten. Dazu kam, daß infolge der Einführung der allgemeinen Wehrpflicht
— eine demokratische Forderung gegenüber dem „Einsteherwesen" — und
durch die Erhöhung der Kompanien von 60 auf 200 Mann 1848 eine Menge
junger Rekruten eingezogen wurde, junge Badener, die in den „Volksvereinen"
soeben ihre politisch-revolutionäre Schulung erhalten hatten.

Indessen hatte Amand Goegg mit nicht minderer Tatkraft und überlegender,
überlegener, organisierter Planung den zivilen, den bürgerlichen und, soweit man
dies im damaligen Baden sagen konnte: proletarischen Bereich erfaßt und ideologisch
für einen neuen Volksaufstand reif gemacht.

Badische Soldaten und demokratische Freischärler marschieren für die freie
deutsche Republik!

In kurzer Zeit, in wenigen Wochen, hatten sich im badischen Land über
400 Volksvereine mit 35 000 Mitgliedern gebildet, dazu kamen noch zahlreiche
Arbeiter- und Turnvereine, die korporativ beitraten. Die Leitung war straff
durchorganisiert: vom Landesausschuß über acht Kreisausschüsse zu dem Ausschuß
eines jeden Amtsbezirks. Die Brentano-Goeggschen Volksvereine hatten bald die
„Ordnungspartei" des Ministeriums Bekk, die „Vaterländischen Vereine" — ursprünglich
eine Gründung Heckers — weit, weit überflügelt. Mit Recht stellte

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