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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
45. Jahresband.1965
Seite: 151
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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/ortenau1965/0154
Schon früh übertrug der fränkische König sein Abt-Setzungsrecht auf den
Gengenbacher Konvent72). Als Leiter einer religiösen Genossenschaft war aber die
Abtswürde ein kirchlich-religiöses Amt. Nun unterstanden die Benediktinerklöster
unmittelbar der päpstlichen Aufsicht und Jurisdiktion. Außer dem königlichen Verzicht
mußte daher kirchlicherseits noch die kirchenrechtliche Gewährung durch die
päpstliche Übertragung dieses Rechtes treten, denn schon an sich kannte das
kanonische Recht kein Abt-Setzungsrecht durch Laien und wäre es auch ein Kaiser.
Innozenz II. sagte dies 1139 so: „Wenn du, der Abt dieses Klosters, oder einer
deiner Nachfolger stirbt, darf niemand dort durch irgendein arglistiges Hineinschleichen
oder durch Gewalt zum Vorsteher gemacht werden, sondern nur der,
den die Brüder einstimmig oder mit Mehrheit in Gottesfurcht und nach der Regel
des heiligen Benedikt gewählt haben."73) Der Abt war zugleich auch der Verwalter
der wirtschaftlichen Grundlagen des Klosters mit seinen Regalien undTemporalien.
Die damit verbundenen Befugnisse waren teils privat-, teils öffentlich-rechtlicher
Natur. Dadurch kam eben dieses zweischichtige Amt in den Kreis der kirchlichen
und zugleich der öffentlich-weltlichen Obergewalten.

Wir konnten im Vorstehenden überraschend viele Grafenrechte der Abtei
Gengenbach zusammenstellen, von denen alle für den Grafschaftsbezirk zwischen
Swigenstein und Velletürlin zutrafen, für die übrige Klosterherrschaft nur teilweise
. Auch daraus geht hervor, daß die Grafschaft Gengenbach nicht mit der alten
Grafschaft Kinzigdorf zusammenfiel, noch weniger mit der alten, ungeteilten
Gesamtgrafschaft Ortenau. Es ist jetzt auch nicht mehr zweifelhaft, daß die
Kloster-Immunität über die Grafschaft Gengenbach hinausreichte und die ganze
übrige Klosterherrschaft umfaßte, nicht nur als Grundherrschaft, sondern auch als
Bereich mit schätzenswerten und sichernden öffentlich-obrigkeitlichen Rechten.

Trotz dieses Ergebnisses ist es nicht unnötig zu fragen, ob damit alle wesentlichen
Grafenrechte in der Hand des Abtes vereinigt waren, oder ob nicht am Ende doch
etwas Wichtiges fehlte, was die Grafeneigenschaft einschränken könnte.

War es nicht die Hauptaufgabe der öffentlichen Gewalt im Mittelalter, für
Ordnung und Sicherheit zu sorgen? Um für die Sicherheit zu
sorgen, hatte der Graf das Heerbannrecht. Hatte nun der Abt das Heerbannrecht
oder nicht?

Wir können überzeugend belegen, daß die Abtei das Aufgebotsrecht
gehabt hat, das sich über die Klosterherrschaft in der Grafschaft Gengenbach und in
der Landvogtei Ortenberg erstreckte. Es gehörte zur Schirmaufgabe des Kastenvogts
, für Ruhe zu sorgen, und er mußte dann das Aufgebot erlassen, wenn der
Abt es wünschte. Das wurde in die Verfassung von 1331 aufgenommen und
betraf den Schutz der Gotteshausleute an Leib und Gut bei Fehden oder Kriegen,
worein natürlich das Aufgebot dann leicht verwickelt werden konnte. Das Aufgebotsrecht
war also mit dem Heerbannrecht identisch. „Wenn ein Gotteshausmann

72) „Der Kaiser will nicht, daß jemand diesen Mönchen Unrecht zufügt. Er gestattet ihnen das Recht, an
Stelle eines verstorbenen Abtes einen andern geeigneten einzusetzen." Crusius in Annales Suevici I, 297.

73) Germania Pontificia sive Repertorium Privilegiorum et literarum a Romanis Pontificibus ante annum
1198, Bd. 3, 76 f.; Kunstdenkmäler des Großherzogtums Baden, Bd. VII, 364; MG SS V, 244, u. a.

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