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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
45. Jahresband.1965
Seite: 256
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Der erste Mai

In Oberachern leiteten die Burschen den ersten Maiensonntag durch einen
frühmorgendlichen Ritt in den Wald ein und spendeten dann ihren Mädchen und
den Angehörigen Maiblumensträuße und jungfreudiges Buchengrün.

Die Sasbacherjugend stieg beim ersten Morgengrauen über dem M u m -
melsee zur Grinde hinauf, um die Maiensonne zu grüßen. Bis zum Beginn
des Gottesdienstes waren alle wieder daheim.

Wasser, Luft und Morgentau galten (lange vor Sebastian Kneipp) im Mai als
besonders heilsam beziehungsweise vorbeugend, daher stammt wohl die Bezeichnung
„Mai-Tour" für diese frühmorgendlichen Ausflüge.

Pfingsten

In den meisten Orten der Rheinebene veranstalteten die Burschen
an Pfingsten eine Art T o u r n i e r mit ihren Rossen. Wer sich in H i 1 d -
mannsfeld daran beteiligen wollte, mußte eine Treibschnur (Vorfach der
Geißel) spenden. Mit diesen Schnüren verzierte der Vorreiter seinen Binsenhut
und ritt dann zum Wettrennen an. Die anderen in Linie aufgestellten Reiter
ließen ihm 30 bis 40 Schritte Vorsprung und jagten ihm dann auf ein von ihm
gegebenes Zeichen nach. Der ihn überholende Reiter erhielt als Siegespreis den
Binsenhut.

Vom Pfingstritt in M o o s war um die dreißiger Jahre des vorigen Jahrhunderts
ein nicht gerade feiner Spruch übriggeblieben:

Ich komme von Sichsen und von Sachsen,
Wo die schönen Mädel auf den Bäumen wachsen.
Man kauft sie billig und wohlfeil,
Sieben Dutzend auf ein Strohseil!

In den Gebirgsorten feierten die Hüterbuben das Pfingstfest durch einen Wettlauf
nach dem Weideplatz: Der Zugang zu diesem Feld in Neusatz war ein
ungepflegter, schmaler Weg durch sorgfältig eingezäuntes Wiesenland. Ein üppig
ausgestattetes Frühmahl anstatt der sonst üblichen Brotsuppe wartete eines jeden
der Hüterbuben. Wer an diesem Morgen des ersten Pfingsttags die Augen zu spät
ausrieb oder sich am Frühmahl zu ausgiebig erlustierte, kam bei dem streng überwachten
Auftrieb zu spät. Der Erste am Platz wurde durch die Bezeichnung
„F r ü h s p i t z" geehrt. Der Letzte mußte mit seiner Herde durch den Dreck
des vorangegangenen Viehes waten und erhielt dafür den Ehrentitel „Pfingst-
dreck". Des zum Zeichen wurde er in alte Weiberkleider gesteckt. Neben dem
Spott der Dorfjugend über das „Ehrenkleid" war beim Eintreiben am Abend das
Rufen des Ehrentitels „Pfingstdreck! Pfingstdreck!" das Schlimmste. In Eisental
gab es für den Pfingstdreck noch ein beschämendes Nachspiel: er mußte im nachschleppenden
Rock einen Tanz versuchen und dabei sprechen:

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