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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
46. Jahresband.1966
Seite: 63
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rauschhafte Baufreude erfaßte damals die führende Schicht, weltliche wie geistliche
Herren, und dieser „Baugeist", wie ein zeitgenössischer Schriftsteller sich
einmal ausdrückte, lebte sich triebhaft aus. Er ist teils auf ein echtes Bedürfnis
nach den Zerstörungen der vielen Kriege zurückzuführen, teils als eine modische
Zeiterscheinung anzusehen, als zum Lebensstil der damaligen Herrenschicht gehörend
. Oft aber standen die aus der herrschaftlichen Bauleidenschaft entspringenden
Anforderungen in einem Mißverhältnis zu dem, was die Landschaft leisten
konnte. So sehen wir allenthalben in diesen Jahren, wie es in den Kleinstaaten,
weltlichen wie geistlichen, zu Spannungen zwischen der Herrschaft und den Untertanen
kommt. Zwar war man in Ettenheimmünster nie so weit gegangen wie
in Schuttern, wo aus der erregten Menge sogar ein Schuß fällt, der für den Abt
bestimmt war, aber an tumultuarischen Szenen fehlte es auch hier nicht, so etwa
als 1725 die Bauern von Münchweier die Fron für den Klosterneubau verweigerten
. Alles in allem scheinen die Untertanen des Klosters Ettenheimmünster
weniger widerspenstig gewesen zu sein als die des Klosters Schuttern. In der
sogenannten Schütterer Rebellion kam es beispielsweise zu erregten Auseinandersetzungen
wegen des Ausdrucks „leibeigen". Die Bauern von Ettenheimmünster
scheinen sich weniger aus dieser Bezeichnung gemacht zu haben. Leibeigen hin,
leibeigen her, sie wollten geringere Fron- und Zehntleistungen, und dabei ging es
freilich manchmal hart auf hart. So weigerten sie sich 1738, die Wegfron für die
Landstraße nach Freiburg zu leisten, die auf Betreiben der vorderösterreichischen
Regierung vom Abt verlangt wurde, und erst die Drohung wirklicher Exekution
bringt sie zum Nachgeben.

Trotz solcher Widerwärtigkeiten gehörten die Jahre nach 1740 zu den goldenen
Jahren der Abtei. Die verschiedenen Bauvorhaben wurden weitergeführt, und das
Neugeschaffene fügte sich schön in die heitere Melodie der Landschaft ein. Das
geistige und kulturelle Leben blühte auf, und besonders die Musikpflege erreichte
im Kloster einen hohen Rang. Mit Wallfahrten, Kirchenfesten, Empfängen hoher
Personen und musikalischen Darbietungen floß das Leben schön dahin. Was die
klostereigenen Bauern der Umgebung davon dachten, stand freilich auf einem
anderen Blatt. Sie kamen zu Fest und Feier nach ihrem Klosterort und fanden
sich dort und in dem nahegelegenen Münchweier zu den Markttagen ein, im
übrigen waren sie bloße Zaungäste, wenn die Herrschaft bei Empfängen und
sonstigen Anlässen ihren Prunk entfaltete. Ihre eigenen Forderungen dem Kloster
gegenüber suchten sie in einem langjährigen Prozeß durchzusetzen. Aber erst
verhältnismäßig spät kam ein Vertrag zustande, der beide Seiten einigermaßen
zufriedenstellte. Da dieser Vertrag vom Jahre 1775 Rückschlüsse auf die vorhergehenden
Verhältnisse zuläßt, sei er hier auszugsweise mitgeteilt. In 18 Punkten
wurde darin das Verhältnis zwischen dem Kloster und seinen Untertanen folgendermaßen
festgelegt:

1. Die Gemeinden erkennen ihre Leibeigenschaft an.

2. Statt unbestimmte Fronen zu fordern, will das Kloster sich mit sechs Fuhrfronen
begnügen und das Fronessen samt Trunk, wie bisher gebräuchlich, verab-

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