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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
46. Jahresband.1966
Seite: 221
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steinernen Zugang, dann legte man ihn trocken, der Wall wurde eingeebnet. Die
vermorschte Zugbrücke, die beim Herunterlassen auf einen vom Zugangsweg in
den Burggraben hineingebauten Steg aufschlug, wurde durch ein zweiflügeliges
Tor ersetzt und die Steintreppe an die Schwelle herangerückt. Das nunmehrige
Erdgeschoß lag jetzt so hoch, daß das wehrhafte Wesen der ehemaligen Trutzburg
nicht zu verwischen war (siehe Skizze). Ein wenig freundlicher gestaltete sich der
Anblick durch die Anlage eines weitflächigen Gartens. Den Vorhof überdachte
man nach dem Abreißen des Wehrgangs teilweise durch einen Holzschuppen und
die Waschküche. Die Kettenrollen in den Gewänden der Zugbrücke beließ man,
sie waren noch zu sehen in den achtziger Jahren des vergangenen Jahrhunderts.
Für den Pfarrherrn wurde eine Stube des Obergeschosses einigermaßen wohnlich
gestaltet, die Haushälterin erhielt eine Kammer, und für die Magd blieb ein
enges Gelaß, in dem noch die Paramente untergebracht werden mußten. Mehr
Geld vermochte die Pfarrgemeinde nicht aufzuwenden fürs erste, denn es mußte
noch eine Stallung mit Scheune für die Kuh erstellt werden, denn der Pfarrherr
wußte eigenen Haushalt zu führen. Eine Wiese und ein Äckerlein wurden ihm
zugewiesen.

Bei aller Bescheidenheit der Ansprüche des Pfarrherrn vermochte er mit den
dürftigen Bezügen nicht auszukommen, und sein Wohn-, Schlaf- und Amtszimmer
war wirklich eine Unterkunft der Not. Durch wiederholte Gesuche erreichte er
schließlich eine zweckmäßige Vermehrung des Raumes und eine Zulage, so daß
sein Einkommen nun doch jährlich 400 Gulden betrug. Dazu mußte die Gemeinde
noch Streu für die Milchkuh und das Brennholz stellen. Letzteres mußte er jedoch
Jahr für Jahr mehrmals anmahnen. Auch die Lieferung des Meßweins oblag der
Gemeinde.

1803 konnten endlich die Räume des Erdgeschosses in wohnlichen Zustand gesetzt
werden, für das Obergeschoß jedoch reichte das Geld nicht aus. So mußte
denn der erste Pfarrherr in engster räumlicher Gemeinschaft mit der Haushälterin
und der Magd hausen.

Der zweite Pfarrherr, Göhringer (1797—1819), benötigte an Sonn- und Feiertagen
einen Hilfspriester zur Abhaltung des Frühgottesdienstes. Das Kloster Fremersberg
stellte den „Frühmesser" gegen eine jährliche Vergütung von 55 Gulden,
und für seine Verpflegung waren weitere 150 Gulden aufzuwenden.

Der Frühmesser benötigte einen Raum zum Umziehen. Die Haushälterin und
die Magd drohten die Kündigung an, wenn man ihnen keine wenigstens menschenwürdigen
Räume zur Verfügung stellte. 1803 wurde daraufhin das Erdgeschoß
wohnlich hergerichtet. Erst wurden größere Fenster eingesetzt, und zwar
im Renaissancestil. Renaissance in einem Bau aus der Zeit des romanischen Stils:
Wie wundervoll hätten Doppelrundbögen mit der Mittelsäule das altertümliche
Aussehen des Wehrturmes gewahrt! Aber: Soviel Licht wie durch die Renaissancefenster
wäre durch die Rundbögen nicht in die tiefräumigen Gelasse eingefallen,
und teuer wäre das auch gekommen. Es mußten doch auch noch die Brüstungen
des Söllers bis zur Traufkante des Daches hochgezogen werden, um endlich die
Schlagregen und die Schneeeinwehungen vom Oberboden abzuhalten.

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