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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/ortenau1967/0134
gerissen, die man vorerst zwecks Gerüstbau noch drinließ. Aber eine Genehmigung
zu diesem Bau war auch für die Partei noch nicht zu bekommen. Der Krieg
brachte andre Sorgen! Alle Handwerker wie auch alles Material wurden für das
große Völkerringen gebraucht! Die Glocken kamen von den Türmen. Auch das
schöne Geläut der Stadtkirche, das erst kurz vor dem Krieg angeschafft worden
war. Dem alten Stadtpfarrer brach's das Herz. Man fand ihn am andern Tag tot
im Bett! Der neue Stadtpfarrer Gottlieb Huber, der schon bald nach seines Vorgängers
Tod an seinem Platz war, hatte die Kapelle nimmer im alten Zustand
gesehen. Er sah nur noch die letzten Reste im ausgeräumten herrlichen Raum.

Das einstige Wallfahrtsheiligtum aber mußte nun alle Phasen einer Entweihung
durchmachen, wie eben die Weltgeschichte es mit sich brachte, von der auch das
Kleinste ein Teil ist. Da es doch „vorerst" nicht zu einem Verbauen kam, wurde
die hohe Halle zum Stapeln von allerlei Dingen verwendet. Auch das seitherige
Heimatmuseum hatte man (in der ehemaligen Schloßküche war es untergebracht)
ausgeräumt, und seine Bestände kamen zunächst geordnet, dann aber in immer
größerem Durcheinander in der Kapelle unter. Büchersammlungen für nie zustande
kommende Frontbibliotheken wurden hereingebracht und später durcheinandergeworfen
. Geräte und Ausrüstungsstücke der Partei kamen dazu. Dann
kam nach dem Rückzug der Partei-Gauleitung aus Straßburg auch deren Uniformkammer
hierher. Und jeder Hitlerjunge, der etwas suchte und brauchte, holte es,
wie sich die Gelegenheit bot. In wildem Durcheinander war alles, als im April 1945
die Franzosen einrückten und von drei Seiten her Wolfach besetzten, trotz Panzersperren
und letzten Soldatenresten!

Ein Offizier suchte Raum für die marokkanischen Pferde. Da hier kaum
noch etwas an ein Gotteshaus erinnerte, war ihm dieser Raum zu einem Pferdestall
recht. Zwar hatte er Sinn für die darin im Durcheinander liegenden
Museumsstücke und befahl auch, diese sicherzustellen und aufzuheben. Als
krank vorzeitig von der Wehrmacht entlassen, habe ich dies alles miterlebt
und dann auch den Auftrag erhalten, diese Dinge zu retten. Mit etlichen jungen
Leuten, die sich klugerweise vor dem Einrücken als „letztes Aufgebot" gerettet
hatten, brachte ich alles in Sicherheit, wenn wir dem Offizier auch einen
Tribut zahlen mußten in Gestalt einiger Figuren aus der geschnitzten Kapellenkrippe
. Das meiste konnte gerettet werden. Über braune Uniformen, wie über
Fasnetsachen der Narrenzunft, die auch im Schloß waren, stürzten sich die
Marokks in kindlicher Freude! Und dann war die Kapelle wieder leer, aber nur
kurze Zeit! Denn schon rückten sie mit ihren Pferden an und brachten sie hier
unter, die Pferde der Mohammedaner im Wallfahrtsheiligtum! Dann aber folgten
in den nächsten Wochen immer neue Verwendungsmöglichkeiten des erhabenen
Raumes: Gefangenenlager für Parteigenossen, Lager für deutsche Kriegsgefangene,
Schlachthaus für das Schächten von Hämmeln und Küche für Sieger und Besiegte.
Fenster waren keine mehr in den Öffnungen. Ein Fliegerangriff, kurz noch vor
dem Zusammenbruch, hatte sie vernichtet. So wurden sie nun mit Brettern vernagelt
und blieben es manches Jahr! Denn die Kapelle wurde zum Kohlenkeller

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