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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
48. Jahresband.1968
Seite: 28
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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/ortenau1968/0030
margräfin, so aber gleichfalls nicht meubliret waren. Von da gingen wir durch
einen langen gang nach der Capelle, auf welchem gange wir an einen creutzweg'")
kamen, darin man das ganze gebäude auf 4 seilen hienaus, teils durch viele auf
einander correspondirende fenster teils tieren17) sehen konte, welches einen gar
schönen perspectivischen effect täte. Von da kamen wir in die Capelle, die ziemlich
klein und außer guter architectur ganz simpel war. Die canzel stunde auf der
erden und oben ging das Deckgewölbet rund zu, in deßen mitten ein oval loch
gelaßen war, gleichsam als eine coupe, so inwärts mit eisernem geländer versehen
war. Umb dieses war ein gang mit Stüehlen besetzt, welches der ordinaire sitz18a)
der herrschaft war, darauf sie immediat18b) aus ihren gemächern gehen konte, daß
ich das von solcher invention1Hc) noch nirgends gesehen."

Anno 1714

Dieses Jahr brachte Frieden für das ganze Vaterland. Am 26. November 1713
kam der französische Marschall Villars mit seiner Begleitung in Rastatt an und
nahm im linken Flügel des Schlosses Quartier. Noch an demselben Tage rückte
auch Prinz Eugen19), der Bevollmächtigte des Kaisers, aus Wien an und nahm im
rechten Flügel Unterkunft. Die Beratungen für den Abschluß des Freundschaftsvertrages
zwischen Kaiser Karl VI.n) und König Ludwig XIV. fanden in einem
Zimmer des Mittelbaues statt. Doch drohten sie im Januar dieses Jahres sich zu
zerschlagen. Prinz Eugen war bereits abgereist, als ihn ein Eilbote des französischen
Marschalls erreichte, der den Befehl zum gütlichen Abschluß gesandt hatte. So
wurde am 7. März dieses Jahres der Friede zwischen Österreich und Frankreich
unterzeichnet.

Die Markgräfin hatte es vorgezogen, während dieser Zeit das Schloß zu verlassen
. Sie begab sich nach Bühl und blieb dort 14 Tage, ließ ihren Sohn, den Erbprinzen
Ludwig Georg, auch Jägerlouis genannt, in den Wäldern zwischen Fremersberg
und Yburg Jagden veranstalten.

„Wie nach einem langen Sturm- und Regenwetter die Kräuter, welche niedergebeugt
waren, sich wieder aufrichten, so begannen nach dem Abschluß der Friedensverhandlungen
die Bewohner unseres Landes wieder aufzuatmen. Te Deum
laudamus! Aus den neuerstandenen Gotteshäusern erklang laut der Lobpreis
Gottes."

Anno 1717, 17. Juli

Die Markgräfin Augusta Sibylla rief zu einer Gebetsoktav und Bußmission auf.
Vor der alten wiederaufgebauten Dorfkirche21) auf dem Hochufer, dem Heiligen

16) Wörtlich zu verstehen „Kreuzweg", d. h. kreuzender Gang, also nicht „Kreuzweg" als Gebetsstationen.

17) = Türen (schlechte Orthographie jener Zeit).

18) = der gewöhnliche Sitz der Herrschaft, zu dem sie unmittelbar Zutritt von ihren Gemächern im
Schloß hatte, das der Augenzeuge von solch baulicher Eingebung noch nirgends gesehen.

10) = Prinz von Savoyen, österreichischer Feldmarschall, Nachfolger von Ludwig Wilhelm als kaiserlicher
Oberbefehlshaber in den Türkenkriegen, dem der Ruhm zufiel, die Gefahr der Türkeninvasion gebannt
zu haben; geb. 1663, gest. 1736.

20) 1685—1740; zweiter Sohn Leopolds I.

21 = die heutige Bernharduskirche.

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