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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
49. Jahresband.1969
Seite: 13
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dingstätte), die zweite im geschenkten Dinghof in (Nieder-)Eschach selbst, und die dritte
ebenso öffentliche, freie, offenkundige und unwidersprochene in Schwenningen, also zweimal
außerhalb der Gaudingstätte. Daher waren die Termine in Kinzigdorf und Ottenheim
solche rein bürgerlich rechtliche Verkündungstagfahrten im gebotenen Thing, wozu die
Parteien besonders vorgeladen wurden7).

Zumal über Kinzigdorf wissen wir doch immerhin genügend, um ihm unwiderleglich
den Rang einer Gau- oder sonstigen höheren Gerichtsstätte völlig abzusprechen
.

Kinzigdorf war nämlich ein gengenbachischer Curien-, Herren- oder Dinghofbezirk
. Es befand sich dort das übliche Dinghofgericht, und dieses gehörte zur
Immunität (= Gerichts- und Abgabenfreiheit) der Abtei Gengenbach. Die wirtschaftliche
Ausstattung dieses Klosters stammt aus dem 8. und 9. Jahrhundert,
also aus der Karolingerzeit. Damals wurde die gengenbachische Grundherrchaft
durch Verleihung der Immunität von der Zuständigkeit des Grafen und den zugehörigen
Abgaben befreit. Die gesamte abteiliche Grundherrschaft war damit aus
jedem öffentlichen Gerichtsbezirk herausgenommen8). Ein solcher dem königlichen
Grafen, d. h. der öffentlichen Gewalt gar nicht unterstehender Ort war auch unser
Kinzigdorf. Es ist ein unvorstellbarer Gedanke, daß man damals das oberste
Gaugericht oder sonstige Provinzialgerichte im feststehenden, ungebotenen Termin
in eine vom Grafen unabhängige Dingstätte, die überdies noch mit dem Recht der
gerichtlichen Freistätte begabt war, verlegt haben könnte").

Die älteste Fernstraße, auf der die Männer zum Gerichtsort kommen mußten,
schlich am Rande der Vorhügelzone entlang, am Fuße des Steins von Ortenberg
vorbei, um anschließend die Kinzig zu überqueren. An dieser muß man den Gerichtsort
suchen.

Einen Hinweis gibt auch der Name „Ortenberg". „Ort" bedeutet das zu äußerst
gelegene Stück des Berges. Dann ist also „Ortenberg" der vorderste Berg, der
etwas in den Talraum vorspringt10). Neben dieser hat „Ort" noch eine zweite
Hauptbedeutung: der angewiesene Gerichtsplatz bei einer solchen Bergnase11).
Ebenso ist das so seltsame Wort „Stein" hier als Opfer- und Gerichtsstein aufzufassen
. Daher steckt schon im Namen „Stein zu Ortenberg" die Andeutung einer
alten Thingstätte mit der hohen Strafgerichtsbarkeit, wo man auch hinreichend
für die notwendige Sicherheit sorgen konnte. Dies alles trifft nur hier zu. Wir
können also nur dem Stein zu Ortenberg den Rang einer überörtlichen Gerichtsstätte
zuerkennen.

Nichts kann den Vorrang dieser Gerichtsstätte besser verdeutlichen, als die Tatsache
, daß alle Menschen von Zunsweier bis an die Acher schon lange vor dem
elften Jahrhundert diesem Stein dienen mußten. Diese allgemeine Wichtigkeit des
Platzes für das gesamte Königsland vor 1007 hat so tiefe Spuren hinterlassen,

7) Siehe Die Ortenau 1962, 109 ff.

8) Die Ortenau 1962, 144 ff.

9) Die Ortenau 1961, 135.

10) Die Ortenau 1954, 102.

H) Lexer, Mittelhochdeutsches Taschenwörterbuch beim Wort Ort und Stein.

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