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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
49. Jahresband.1969
Seite: 68
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Durch die Soldaten kam jetzt allerlei Zeug unter die Leute: abgewetzte Riemen,
Koppel, ganze Tornister, abgetragene Mäntel, Decken, Stücke von Zelttuch. Die ausgelaugte
Heimat konnte dies alles brauchen. Auch Esel, Maultiere, selbst Pferde wurden
für billiges Geld abgegeben. Großzügig entledigten sich die Soldaten von allem, was
ihnen jetzt unnötig schien. Auch Pistolen und Gewehre wurden weitergegeben und verschwanden
in Verstecken, bis dann ein eindringlicher Aufruf die Ablieferung verlangte.
Aber manches blieb trotzdem zurück, denn in der Neujahrsnacht 1918 gab es ein
Schießen, Krachen und Knallen, wie man es seit Jahren nicht mehr gehört hatte.

Langsam beruhigte sich das Leben wieder, aber an Schwierigkeiten fehlte es auch weiterhin
nicht. Der Zerfall der Währung wirkte sich aus. Jetzt begann das Tauschgeschäft zu
blühen. Nur wer selber Ware hatte, konnte damit rechnen, andere Ware zu erhalten. Ein
eigenartiger Handelsgeist entwickelte sich. Sogenannte Schwarzmarktgeschäfte wurden gemacht
. Sie brachten Geld genug ein, aber der Wert dieses Geldes sank von Tag zu Tag,
bis man schließlich mit Milliarden und noch höheren Zahlenwerten rechnete. Es kam
damals auch eine Zigarrenindustrie in kleinem auf. In Stuben und Hinterzimmern drehte
man die oft etwas fragwürdigen Fabrikate, um sie dann in der Gegend zu verhandeln.

Man hörte auch von revolutionären Vorgängen überall im Reich. Im Ort selbst blieb es
im großen ganzen ruhig, nur einmal gingen die Fabrikarbeiter der größeren Betriebe auf
die Straße, um in einem Demonstrationszug auf ihre Lage hinzuweisen. Später brachte
die Einführung der Rentenmark (1923) und der Reichsmark (1934) wieder eine brauchbare
Währung und führte eine gewisse Normalisierung der Verhältnisse herbei.

41. Hitlerzeit und zweiter Weltkrieg

Mit seiner Hochwertung des Bauerntums und des bäuerlichen Menschen, mit
seiner Verherrlichung der Qualitäten des eigenen Volkes, mit seinem Versprechen,
alles zum Besseren zu wenden, fand der Nationalsozialismus allenthalben auf dem
Lande seine Anhänger. Was da propagandistisch auf die Menschen eindrang, wurde
freilich zunächst eben als Propaganda hingenommen, und mancher dachte, daß das
alles bald wieder abflauen würde. Als aber mit der Machtübernahme die Partei
den Staat in den Griff bekam, setzte sie systematisch die Verwirklichung ihres
Programms durch. Es begann mit der sog. Gleichschaltung im öffentlichen Leben,
mit der Verdrängung der jüdischen Einwohner und weiteren Gewaltmaßnahmen.
Die vorhandenen Vereine wurden der Parteiorganisation angeschlossen oder sie
mußten sich auflösen. Es folgte die Einführung der Einzelorganisationen von der
Hitlerjugend bis zur NSV. Wer durch Stellung und Beruf bereits an den Staat
gebunden war, wurde durch Ämter und Ämtchen an die Partei herangezogen; wer
sich dabei weigerte, lief Gefahr, Arbeit und Brot zu verlieren. Uniformierung und
totaler Machtanspruch überall. Aber trotz der Betonung der Volksgemeinschaft
blieb das öffentliche Leben im Innersten gespalten zwischen mehr oder weniger
überzeugten Anhängern und Gegnern des Systems. Ein gewalttätiger Meinungszwang
drängte jede Opposition zurück, und die offensichtlichen Erfolge schienen
den neuen Herrschern recht zu geben. Wo das alles hinführen sollte, wußte keiner
zu sagen, dann aber lief es zwangsläufig auf den zweiten Weltkrieg hinaus.

Rückblickend läßt sich feststellen, daß in seinem Ablauf der zweite Weltkrieg
weitgehend dem ersten glich, nur war alles gesteigerter, maßloser, die Operationen
weitreichender, die Vernichtungsmittel gefährlicher. Es begann wie beim ersten
Weltkrieg mit militärischen Erfolgen, mit Siegen, Siegesfeiern, Aufmärschen,

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