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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
49. Jahresband.1969
Seite: 71
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gelischen Kirche untergebracht. So sah dieses alte Bauwerk wieder einmal Bilder
des Krieges.

Als dann Lahr übergeben war — am Mittwoch abend —, entspannte sich die
Lage auch für unsern Ort. Die Kampftruppen zogen weiter, nur die Bedienung
von sechs Kampfwagen blieb zurück. Noch aber rollten die Kolonnen und die
Lastwagen mit Kriegsgerät und Nachschub jeder Art die Landstraße hinauf.
Immerhin waren die ersten drei Tage dieser aufregenden Zeit überstanden.

42. Nachkriegsverhältnisse

Unser Ort gehörte also jetzt in das besetzte Gebiet, und seine Einwohner
mußten erfahren, was dies bedeutet, zumal in einer Zeit, die Vergeltung forderte
und Bestrafung der Schuldigen verlangte. Die Sieger befahlen, die Besiegten
hatten zu gehorchen.

Der Ort bekam einen vorläufigen Ortskommandanten in der Person des Marcel
Varoquier, eines großgewachsenen, stämmigen Franzosen, der unter dem Namen
„der Marsäl" bald jedem bekannt war. Eine der ersten Maßnahmen, die sich auf
den Alltag im Ort auswirkten, war die Einführung der Sperrstunde: ab 9 Uhr,
später ab 10 Uhr durfte sich keine Zivilperson mehr vor dem Hause aufhalten.
Auch sonst war die Freizügigkeit der Einwohner weitgehend eingeschränkt. Eine
größere Reise konnte man nur nach Beschaffung eines „Laissez-Passer" durchführen
. Dann kamen die verschiedenen Abgaben. Radio, Photoapparate, Auto,
Motorräder und vor allem Waffen mußten unverzüglich abgeliefert werden. Eine
Kleiderabgabe für die bisher in Deutschland beschäftigten ausländischen Arbeiter
wurde auf Befehl der Militärregierung durchgeführt. Eine andere Anweisung
diente der allgemeinen Sicherheit. Die von den letzten Kriegstagen her überall
herumliegende Munition mußte gesammelt und dem Ortskommando zugeführt
werden. Außerdem hatten die wenigen noch im Ort vorhandenen Männer die
allenthalben durch das Gelände ziehenden Gräben zuzuwerfen. Mit diesen Maßnahmen
verging die Zeit.

Inzwischen erfuhr man auch, was aus den Männern des Volkssturms geworden
war. Sie waren bei Nonnenweier zum Einsatz gekommen und dabei zersprengt
worden. Der größte Teil war in Gefangenschaft geraten, einige hatten sich retten
können und fanden auf mancherlei Umwegen in den Heimatort zurück.

Der Ort mußte jetzt auch eine Zivilverwaltung haben. Die bisherige Beamtenschaft
war samt und sonders suspendiert, um zunächst einmal nach ihrer politischen
Vergangenheit überprüft zu werden. Der bisherige Bürgermeister Lenz war als
Mann der Partei in Abwesenheit seines Postens enthoben worden. Das Bürgermeisteramt
kam jetzt an den Architekten Oskar Erb, der seinerzeit in einer
stürmischen Sitzung auf dem Rathaus darauf hingewiesen hatte, daß eine Verteidigung
des Ortes die Selbstvernichtung bedeuten würde.

Die demokratischen Grundsätze sollten jetzt wieder zur Geltung gebracht
werden. Als Beirat zur Unterstützung des Bürgermeisters wurden diesem sechs
Bürger des Ortes beigegeben. Diese Männer bildeten dann später den Gemeinderat.

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