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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
49. Jahresband.1969
Seite: 80
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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/ortenau1969/0082
Geschichte der Offenburger Judengemeinde

von Otto K ä h n i

Einleitung

Bundeskanzler Adenauer schrieb in seinen Erinnerungen 1953—1955 „Eines der schwärzesten
Kapitel der hinter uns liegenden Zeit ist die Verfolgung der Juden durch die
Nationalsozialisten. Nichts hat den deutschen Namen so geschändet und uns in solchem
Maße die Verachtung der anderen Völker zugezogen wie die Vernichtung der Juden."
Er erklärte, daß er es für eine Ehrenpflicht halte, das Mögliche zu tun, um das an dem
jüdischen Volk begangene Unrecht wiedergutzumachen.

Der Wille zur Wiedergutmachung gebietet auch die Aufhellung des Schicksals der Juden.
Deshalb wurde im Jahre 1962 auf Wunsch des Baden-Württembergischen Landtags und
durch Anordnung des Ministerpräsidenten beim Hauptstaatsarchiv Stuttgart eine zentrale
Dokumentationsstelle eingerichtet, die sich die Aufhellung des Schicksals der jüdischen
Bürger unseres Landes zum Ziel gesetzt hat. Die Stadtverwaltung Offenburg hat 1964
Fragebogen zur Dokumentation der Judenschicksale in unserer Stadt beantwortet.

Diese Dokumentation war auch der Anlaß zu dieser Abhandlung. Der Verfasser konnte
sich jedoch nicht damit begnügen, lediglich die Schreckenszeit 1933—1945 darzustellen.
Er erweiterte seinen Auftrag und behandelte die Geschichte der Offenburger Juden vom
Mittelalter bis in die Gegenwart.

„Die Juden haben von Natur die gleiche Fähigkeit erhalten, glücklichere, bessere
Menschen, nützlichere Glieder der Gesellschaft zu werden. Nur die unseres Zeitalters
unwürdige Drückung hat sie verderbt." Mit diesen Worten umriß der preußische Kriegsrat
Christian Wilhelm v. Dohm im Jahre 1781 den schicksalschweren Weg des jüdischen
Volkes. Die Geschichte der Juden ist die Geschichte eines heimat- und rechtlosen Volkes.

An den Oberrhein wurden die ersten Juden vermutlich nach der Zerstörung
Jerusalems im Jahre 70 nach Chr. von römischen Truppen verschleppt. Im frühen
Mittelalter sind Juden als Vermittler und Lieferanten im Fernhandel bezeugt. In
den Jahrhunderten des Hoch- und Spätmittelalters spielten sie im Wirtschaftsleben
der deutschen Städte eine beachtliche, aber doch unglückliche Rolle. Sie handelten
mit Vieh, Trödel- und Krämerwaren und durften die Märkte besuchen. Aber
immer wieder waren sie drückenden Einschränkungen unterworfen. Vom Ackerbau
, merkantilen Zusammenschlüssen und Handwerkerzünften waren sie ausgeschlossen
. Im übrigen lebten sie vom Geldgeschäft, d. h. dem Ausleihen und Zinsnehmen
jeder Art. Die Kirche verbot den Christen das Zinsnehmen als dem göttlichen
Gebot zuwider. Nur der Jude konnte derartige Geschäfte tätigen. So wurde
er zum Geldleiher oder, wie das Mittelalter sagte, zum „Wucherer". Diese Bezeichnung
war bis zu einem gewissen Grad berechtigt, weil er Wucherzinsen nahm.
Die Ursache dafür lag einmal in dem großen Risiko, Verluste zu erleiden. Zum
andern entrichteten die Juden dem Kaiser eine beträchtliche Steuer, den so-

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