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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
49. Jahresband.1969
Seite: 85
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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/ortenau1969/0087
Band 2, veröffentlicht. Er führt uns in das Jahr der furchtbaren Judenverfolgung des
europäischen Mittelalters. Der äußere Anlaß dieses Pogroms war die Pestwelle, die sich
von Frankreich aus nach Mittel- und Osteuropa ausbreitete. Am stärksten wütete die
Judenverfolgung in den Reichsstädten Südwestdeutschlands. Die Geschlechter und Zünfte
waren verschuldet und zahlreiche Städte verpfändet. Die Reichsstadt Offenburg war
damals im Pfandbesitz der badischen Markgrafen. Auf die Folter gelegt, gestanden die
Juden Greueltaten, die sie nie begangen hatten. An die Städte wurden Umfragen gerichtet,
ob solche Geständnisse abgelegt wurden und wie man gegen die Juden vorging. Der
Offenburger Magistrat meldete in seinem Bericht an den Rat der Stadt Straßburg, daß
zwei Juden auf der Folter gestanden hätten, in die Brunnen Gift geworfen zu haben.
Der Rat beschloß, alle in der Stadt wohnenden Juden auszuweisen. Die Quelle ist leider
nicht genannt, aber der Wortlaut ist wiedergegeben. Ins Hochdeutsche übertragen lautet
er: „Als wir übereingekommen waren, daß man sich der Juden entledigen sollte und die
Juden dies erfuhren, sandten sie nach unserem Rat und baten: Wollte man sie niederschlagen
, entmannen und alle zusammen töten lassen, so täten wir besser, sie aufzufordern
, ein Feuer zu machen oder ein Haus zu kaufen von ihrem Gute, darin wollten
sie lieber verbrennen. Da redeten wir ihnen zu: Wollte ihrer einer oder zwei oder sie alle,
Mann und Weib, bei Tag und Nacht wegziehen, so wollten wir sie eine halbe Meile Wegs
begleiten, und sie sollten ihr Gut mitnehmen dürfen; wollten sie das aber nicht, so
wollten wir sie gern heißen ein Feuer machen, aber wir wollten sie nicht heißen hineinzugehen
. Wollten sie hinein, so sollen sie es tun. Da gingen sie auch hinein und haben über
niemand etwas ausgesagt, weder über eure Juden, noch über andere, als was da geschrieben
steht, und was die Brunnen betrifft, von denen sie gesprochen hatten: Diese
schöpfte man aus, aber man fand nichts darin."

In den folgenden drei Jahrhunderten durften sich in Offenburg keine Juden niederlassen
.

Entstehung und Schicksal der Judengemeinde im 17. Jahrhundert

Am Ende des 16. Jahrhunderts, als die Ratsprotokolle einsetzen, lebten in der
Reichstadt keine Juden. Aber in einigen benachbarten Gemeinden der näheren und
weiteren Umgebung, wie im rittersdiaftlichen Dorf Niederschopfheim (Herrschaft
Binzburg) und im Hanau-Lichtenbergischen Flecken Willstätt, waren einige ansässig
. Sie strebten danach, in der nahen Reichsstadt Handel treiben zu können.
Das Ratsprotokoll vom 16. März 1607 berichtet von einem schweren Zollvergehen:
„Der Jud von Schöpfen (Niederschopfheim), so sambt etlichen auff die eilff Pferdt
durch der Statt Offenburg Wäldt den Zoll entführt durch ungewöhnliche Weg,
ist erkhant, daß mahn dem Schaffner von Binzburg zuschreiben soll, den Juden
allhie zu stellen." 1619 baten drei Willstätter Schutzjuden „umb Zugang gen
Offenburg". Der Rat antwortete: „Ist zur Zeit noch abgeschlagen." Sechs Jahre
später aber erhielt ein Willstätter Jude vom Rat die Erlaubnis, in der Stadt
Pferde zu verkaufen. Den Juden Abraham, Isaac und Jakob aus Willstätt wurde
gestattet, dienstags (Tag des Wochenmarkts) die Stadt zu betreten. Sie entrichteten
ein Jahrgeld im Betrag von 4 Pfund Pfennig und versprachen, „mit den
Bürgern alle wucherlichen Contract bei Leibstraf zu meiden". Auch Isaac Jud dem
Jungen wurde erlaubt, „in allhiesiger Stadt zu handeln und zu wandeln wie die
anderen Juden". Dafür zahlte er ein Jahrgeld von 6 Reichstalern.

Als unsere Heimat 1627 Kampfgebiet wurde, durften sich Abraham, Isaac und Jakob
gegen Zahlung von 6 Reichstalern pro Person für 8 Tage in den Mauern der Reichsstadt

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