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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
49. Jahresband.1969
Seite: 96
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Das Offenburger Judentum hat aber auch Männer hervorgebracht, die sich als Juristen
und Ärzte einen Namen gemacht haben: 1933 waren dies die Ärzte Dr. Werner Bloch, Dr.
Paul Nathan, Dr. Josef Platz und Dr. Herta Wiegand sowie die Rechtsanwälte Dr. Max
Haberer, Max Hecht, Dr. Walter Kahn, Albert Levi, Berthold Moch, Dr. Hugo Schleicher,
Dr. Heinrich Veit und Landgerichtsrat Dr. Josef Cahn. Im Nachruf auf den am 18. Juli
1926 im Alter von 60 Jahren verstorbenen Dr. med. Josef Nathan heißt es: „Er war vielen
ein Freund und Helfer. Er tröstete und heilte als Arzt überall, wo er weilte. Er fragte
nicht, ob die Hilfeleistung bezahlt werde." Er hielt auch öffentliche Vorträge. Bei der Beisetzung
sagte Dr. Klingelhöffer, Josef Nathan habe gezeigt, welcher Idealismus im Beruf
des Arztes liegt.

Rechtsanwalt Leopold Veit, der am 27. Februar 1928 starb, war seit 1895 in
Offenburg tätig. Als Mitarbeiter der Pariser pazifistischen Zeitschrift „L'Armee
nouvelle" setzte er sich mit allem Nachdruck für die Gleichberechtigung der Juden
ein. An der von Fabrikant Janz gegründeten Handelsschule erteilte er unentgeltlich
Unterricht in allen Fragen des Handelsrechts. Er war Mitglied der städtischen
Theaterkommission und des Ausschusses für allgemeine Bildungsfragen und ein
Förderer der Volkshochschule. Er war auch Dramatiker. Sein dreiaktiges Schauspiel
„Der Richter" wurde am Coburger Hoftheater uraufgeführt und ging auch
in Offenburg über die Bühne. Ferner schrieb er ein Drama: „Magdalene Gerstner".
In seinem Nachlaß befanden sich eine Reihe literarischer Abhandlungen. In dem
Nachruf lesen wir: „Er war ein vortrefflicher Mann, ein tiefer Charakter, ein
Mensch von reicher Geistesbildung und großer Seele."

Diese Nachrufe sprechen zur Genüge dafür, daß in unserer Stadt vor 1933 die
Beziehungen zwischen Juden und Christen im allgemeinen gut waren. Sowohl in
den städtischen Akten und Ratsprotokollen als auch in der Tagespresse sind kaum
judenfeindliche Äußerungen zu finden. Auch Emil Neu, der Vorsteher der jüdischen
Gemeinde, hat am 5. Oktober 1925 anläßlich des 50jährigen Synagogenjubiläums
festgestellt, daß „zwischen den Juden und den Angehörigen der christlichen
Konfessionen in Offenburg" ein „friedliches und harmonisches Verhältnis"
bestehe.

Die antisemitischen Maßnahmen 1933 bis 1938

Die 270 Juden, die 1933 in Offenburg lebten (bei einer Einwohnerzahl von 18 000
etwa 1XA % der Bevölkerung), sollten bald nach der Machtübernahme durch Hitler
die antisemitischen Bestrebungen des Dritten Reiches zu spüren bekommen. Deren
erstes Ziel war, die Juden aus ihren Stellungen und Positionen zu entfernen. Schon
am 29. März 1933 erwirkte die NS-Fraktion des Stadtrats den Ratsbeschluß, daß
der einzigen jüdischen Angestellten der Stadtverwaltung auf den 1. Juli gekündigt
wurde, und beantragte, daß die Stadt zur Durchführung von Prozessen keine
jüdischen Anwälte mehr heranziehe. Im August 1933 wurde ein Verzeichnis der
nichtarischen Anwälte aufgestellt. Die Ärzte wurden aus der Fürsorgepraxis ausgeschlossen
, und ihre Rezepte wurden nicht mehr anerkannt. Diese Maßnahmen
waren für einige Juden Anlaß zur Auswanderung. Der Arzt Dr. Paul Nathan
aber gründete am 10. November 1933 eine Ortsgruppe der Zionistischen Bewegung
, die sich bemühte, den Juden in Palästina eine neue Heimat zu schaffen.

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