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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
49. Jahresband.1969
Seite: 116
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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/ortenau1969/0118
Am 1. Juni 1844 fuhr der erste Eisenbahnzug, aus Richtung Karlsruhe kommend
, in die „Station Offenburg" ein. Es sind am 1. Juni 1969 damit genau
125 Jahre her, seitdem der Eisenbahnabschnitt Baden-Oos—Offenburg bzw. Appenweier
—Kehl in Betrieb genommen wurde.

Zwar war mit dieser Inbetriebnahme zunächst nur der Anschluß an die inzwischen
145 km lange, in Mannheim beginnende „Großherzogliche Badische Staatseisenbahn
" geschaffen und damit die Möglichkeit, das badische Unterland mit dem
neuen, schnellen Verkehrsmittel zu erreichen; aber andererseits schöpfte man die
berechtigte Hoffnung, daß durch die Weiterführung der Bahn bis Basel und den
Bau einer Schwarzwaldbahn für den Raum Olfenburg ein Aufschwung von Handel
und Verkehr eintreten würde. So gab es für die Bevölkerung Offenburgs und
der ganzen Ortenau Anlaß genug, diesen Tag mit Freude zu begehen.

Nach der Eröffnung der ersten Eisenbahnlinie in England waren auch in Baden Stimmen
laut geworden für den Bau einer Eisenbahn, damals noch „Eisenstraße" genannt.
Schon im Jahre 1831 forderte der Abgeordnete Fecht, Dekan in Kork, in der Sitzung der
Zweiten Badischen Kammer den Bau einer Eisenbahn. Im Mai 1833 trat der Mannheimer
Kommerzienrat Ludwig Newhouse mit einer an den Großherzog Leopold gerichteten umfangreichen
„Memoire betreffend eine Eisenbahn von Mannheim nach Basel" an die
Öffentlichkeit, machte Vorschläge für Linienführung, technische Ausgestaltung und Wirtschaftlichkeit
in starker Anlehnung an das englische Vorbild. Dieser Agitationsschrift folgte
1835 eine weitere Arbeit von Friedrich List, dem Verfechter eines allgemeinen deutschen
Eisenbahnsystems, über eine Eisenbahn von Mannheim bis Basel. Beiden Männern ist es
zu verdanken, daß die Eisenbahnidee in Baden weiteste Kreise erfaßte und Regierung und
Parlament dadurch gezwungen wurden, sich mit dem Eisenbahngedanken zu befassen.
In den beiden Kammern der Landstände sowie „im großen Publikum" zeigte sich lebhaftes
Interesse für eine solche Bahn, und in Eingaben und Denkschriften aus dem ganzen
Land schlug sich dieses Verlangen, aber auch die Ungeduld nieder.

„Seine Großherzogliche Hoheit" — so heißt es in einem Kommissionsbericht — „ist
überzeugt von der Geneigtheit einer großen Zahl von Kapitalisten des Großherzogtums
und benachbarter Länder (gemeint waren in erster Linie die von Newhouse aufgebotenen
schweizerischen Finanzkreise), sich bei einem solchen Unternehmen zu beteiligen", und man
hegte keinen Zweifel, „daß es nur Ihres Entschlusses bedurfte, eine Konzession zu erteilen,
um dem Projekt die Ausführung zu sichern". Aber die Regierung wollte, daß diesem
Entschlüsse ernstliche Prüfungen und Untersuchungen vorangehen sollten: Es wurde 1836
ein Komitee aus höheren administrativen und technischen Verwaltungsbeamten unter Vorsitz
des Ministers Winter gebildet, das umfassende Studien, Bereisungen, Besichtigungen
ausländischer, in erster Linie englischer Lokomotivfabriken, und bereits in Betrieb befindlicher
Eisenbahnlinien durchführte1). Der Abschlußbericht dieses von Staatsrat C. F. Nebe-
nius zusammengefaßten Komiteeberichts lag am 6. 3. 1837 vor. Er behandelte den „ökonomischen
Effekt, die zweckmäßigste Wahl der Linienführung, die rätlichen Kommunikationsmittel
unter Berücksichtigung der angrenzenden Staaten, ihren Einfluß auf die Schnelligkeit
und Wohlfeilheit der Transporte für den Handel und die Post". Es war ein umfassendes
Gutachten. Wenn sich dabei die Verfasser nach heutiger Erkenntnis hierbei in einigen
ihrer Vorschläge in technischer Hinsicht geirrt haben, so muß hierbei berücksichtigt werden
, daß über das junge Verkehrsmittel Eisenbahn damals noch so gut wie keine eigenen
Erfahrungen vorlagen und daß die Komiteemitglieder auf den Rat ausländischer Bahnexperten
angewiesen waren, hinter denen oft Patent- und Lizenzgeschäfte ihrer Auftrag-

1) Mitglieder des technischen Ausschusses dieses Komitees waren: Oberst von Fischer, Professor Bader
vom Polytechnikum Karlsruhe (dem Vorläufer der heutigen Universität — Technische Hochschule —,
Karlsruhe) und Baurat Sauerbeck.

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