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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
49. Jahresband.1969
Seite: 261
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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/ortenau1969/0263
Mein Bestreben ging dahin, durch ununterbrochenes Studium, die Kunst immer
mehr in der Tiefe zu schauen und womöglich den Mangel, Italien nicht gesehen
zu haben, doch einigermaßen zu ersetzen. Nicht ganz unbelohnt blieb meine Mühe.
Denn ich war so glücklich, mit allen meinen Arbeiten die höchste Zufriedenheit
meines Monarchen zu erlangen, und die Welt war auch billig genug, mich als
Künstler zu erkennen7).

Im Jahr 1808 gaben mir seine königliche Majestät einen sechsmonatigen Urlaub,
um eine Reise nach Wien und München zu machen. Durch häufige Beschäftigungen
veranlaßt, bat ich meinen Monarchen um zweimonatige Verlängerung dieses
Urlaubs, den ich erhielt. Diese Reise, auf der ich vieler großen Kunstwerke der
älteren Zeit ansichtig wurde, gab meinem Kunsttalent einen höheren Schwung. Ich
kehrte im Jahr 1809 mit erweiterten Kenntnissen in den Schoß der meinen zurück.
Des Königs Majestät erteilten mir sogleich Aufträge zu neuen Bildern, welche
immer mit dem allerhöchsten Beifall beehrt wurden. Im Jahr 1811 verfertigte ich
ein Gemälde, welches einen Ganimed vorstellt, der Jupiters Adler Nektar in einer
Schale reicht. Dies Bild ist in Lebensgröße. Als ich es meinem Monarchen überreichte
, war ich so glücklich, dessen allerhöchsten Beifall in dem Grad zu erreichen,
daß Allerhöchst Selbst mir als Belohnung ihre höchste Zufriedenheit mit meinen
Diensten ausdrückten und mir am 10. August desselben Jahres das kleine Kreuz
ihres Zivilverdienstordens zuschickten und mich zum Ritter dieses Ordens ernannten.

Dies, liebster Onkel, ist ungefähr meine Künstlergeschichte im Auszug. Ich hätte
sie noch mit manchen Dingen ausschmücken können, aber ich liebe das Geschminkte
nicht. Ich drängte sie daher so kurz zusammen als möglich. Dennoch
fürchte ich, sie möchte Ihnen lang oder, besser gesagt, langweilig erscheinen. Sollte
sie zu einem anderen Zweck dienen, als bloß von Ihnen und Ihren Freunden gelesen
zu werden, so dürfte sie noch Abkürzung erleiden. Doch, dies überlasse ich
Ihnen, lieber Onkel. Ich hütete mich aller Vorliebe für mich. Das, was Sie hier
lesen, ist reine Wahrheit und kann die strengste Untersuchung ertragen. Nur

7) In dieser Zeit seiner Tätigkeit als Galeriedirektor in Stuttgart kam auch der junge Wolfacher Joseph
Moser nach Stuttgart, um, wie früher Seele, sich hier ausbilden zu lassen. In dieser Zeit scheint jedoch
der Drill, der zu Karl Eugens Zeiten dort herrschte, verschwunden gewesen zu sein. Auch Moser wurde,
wie Seele, von den Fürstcnbergern durch den Besuch der Akademie gefördert, nachdem sie sein Talent in
Wittichcn entdeckt hatten, wohin er als Metzgerlehrling gekommen war, wo er jedoch als Malertalent der
letzten Witticher Äbtissin aufgefallen war, so daß diese ihn den Fürstcnbergern anläßlich eines Klosterbesuchs
empfohlen hatte. In der Wolfacher sogenannten Metzger-August'schen handgeschriebenen Chronik
wird erwähnt, Moser habe in Stuttgart bei Seele Unterricht erhalten. Nun war Seele nach Mitteilung von
Dr. Max Scheffold, Galeriedirektor a. D. in Stuttgart, der sich speziell mit der Erforschung Seeles befaßt,
zwar nicht an der Akademie lehrend tätig, doch ist durchaus möglich, daß Seele dem nur neun Jahre
jüngeren Wolfacher, der sicher von daheim aus, vielleicht auch von Seeles noch in Wolfach lebenden Angehörigen
an den Künstler in Stuttgart empfohlen wurde, zusätzlichen Unterricht gab, der ihm so zugut kam,
daß er immer wieder Werke von Seele mit besonderer Hingabe kopierte, oder eigenes unter dem Einfluß
Seelescher Kunst schuf. Aus dieser Zeit Mosers sind noch zwei sogenannte Gliederpuppen erhalten, die er
als Modell benutzte und die deutlich den Typ des Klassizismus darstellen. Vielleicht hatte sie Moser sogar
von Seele erhalten. Von Moser kamen sie zum Maler Johann Georg Straub in Wolfach, in dessen Werkstatt
auch die späteren Künstler Konrad Schmidcr aus Obelbach und die Brüder Karl und Heinrich Eyth
aus Schiltach ihre erste Ausbildung erfuhren. Aus Johann Georg Straubs Nachlaß kamen die Gliederpuppen
an seinen Sohn Hansjörg Straub, der als ein gesuchter Glasmaler sidi auch des öfteren ihrer bediente.
1959 erhielt ich selbst sie aus seinem Nachlaß. Sie haben auch mir schon manchmal gute Dienste geleistet.
Zwei Stücke einer interessanten Tradition, wert, in diesem Zusammenhang erwähnt zu werden!

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