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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/ortenau1970/0199
Fürstenhäuser, Regierungen und Heimatbünde haben immer wieder versucht, diese
kunstvolle Heimarbeit zu erhalten, doch vergebens. Die fortschreitende Technik
hat auch hier gesiegt. So können wir die Hanfbaugeräte und die kunstvollen
Spinnrädchen unserer ehemaligen Spinnerinnen nur noch im Museum bewundern.

Obergeschoß Raum 4; Hanauerund Kehler Trachten

Kurzer geschichtlicher Überblick

Die bekannten Trachten des ehemaligen Hanauerlandes und der Dörfer Kehl-
Sundheim sind wie überall in den badischen Landen im wesentlichen zu Beginn
des 2. Viertels des 19. Jahrhunderts entstanden. Die bei den heutigen Trachtenfesten
getragenen Formen zeigen die letzte Entwicklung aus der Zeit vor dem
1. Weltkrieg (siehe Beschreibung der Bilder). Die beginnende Verstädterung und
Industrialisierung der Dörfer ließ die etwas umständliche Art der Bekleidung
immer mehr in den Hintergrund treten.

Man kann eigentlich gar nicht richtig von einer Hanauer Tracht sprechen, denn
die Herren von Hanau-Lichtenberg haben diese Bekleidungsart in ihren Ämtern
Willstätt/Kork, Lichtenau/Rheinbischofsheim nie gesehen. Und trotzdem ging sie
als Tracht des ehemaligen Hanauerlandes in die Geschichte ein. Allerdings mußte
sie sich in den 100—200 Jahren ihrer Anwendung immer wieder der jeweiligen
Zeitströmung anpassen. (Man denke z. B. an das Hochrutschen der Taille zur
Empirezeit.)

Die Tracht war übrigens nur die Bekleidung des Sonn-, Feier- oder auch
Familienfeiertages und wird heute noch, wenn auch selten, von älteren Frauen
zum Kirchgang angezogen. Wenn wir heute Flößer- und Fischerbilder sehen, bei
der die Tracht zur Arbeit getragen wird, so kann es sich dabei nur um eine
Idealisierung handeln, die nie Wirklichkeit war. Die Arbeitskleidung bestand bei
den Männern aus einer blauen, langen Bluse mit Röhrenhosen oder langen Stiefeln,
bei den Frauen war die Arbeitskleidung ebenfalls in unempfindlichen Farben grau
oder braun gehalten. Als Kopfbedeckung diente den Männern bei der Feldarbeit
ein Strohhut, den Frauen ein Schindeltuch. Die Pelzkappe des jungen Mannes aus
Iltisfellen war ein „Souvenir" der Hanauer und Kehler Soldaten aus dem russischen
Feldzug Napoleons und wurde beibehalten. Der seitliche und hintere Teil
der Mütze konnte herunter über die Ohren geklappt werden. Das ist noch heute
in der Verarbeitung angedeutet. Sicherlich war sie damals nur eine Wintererscheinung
. (Man frage heute die Männer der Trachtenkapellen, die die Pelzkappen auch
im Hochsommer tragen müssen.)

Der alte Bauer, der nicht in Rußland war, hat den breitkrempigen Hut des
18. Jahrhunderts, jetzt allerdings etwas höher, beibehalten. Auch in der Spinnstube
haben die Frauen und Mädchen niemals einen Kappenschlupf bei der Arbeit getragen
. Alle diese Bilder sind ebenfalls ideelle „Fälschungen" und nur für den
Maler oder Fotografen gestellt. In der Tracht ist nie gearbeitet worden, dazu ist

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