Freiburger historische Bestände - digital

Vom Heimatpreis der Stadt Baden-Baden

Eine Laudatio von vorbildlicher Prägung, eine vom Kur- und Symphonieorchester unter
Leitung von Generalmusikdirektor C. A. Vogt umrahmte Feier in dem schönen Weinbrennersaal
des Baden-Badener Kurhauses ehrte die beiden Preisträger des alljährlichen
Heimatpreises der Stadt-Baden-Baden für 1970 und 1971: den Ehrenkustos der Stadt,
Apotheker Dr. Hans Rößler, und den Pfleger der Ur- und Frühgeschichte für Baden-Baden
und den Kreis Bühl, Vorsitzender der Ortsgruppe des Historischen Vereins für Mittelbaden
(Arbeitskreis für Stadtgeschichte), Paul Braun. Die Ausführungen des Sprechers, Stadtrat
Dr. jur. Rolf Sieg/, zugleich Pfleger des Gemeinderates für die Stadtgeschichtlichen Sammlungen
, ehrten die beiden neuen Preisträger.

Sie sind u. E. über die Würdigung der beiden Preisträger hinaus auch als Darstellung der
vielseitigen, meist ehrenamtlichen Tätigkeit vieler unserer Mitglieder in Stadt und Land
wertvoll, so daß wir uns entschlossen haben, diese Laudatio zu bringen.
Es sei noch erwähnt, daß der neue Oberbürgermeister von Baden-Baden, Dr. Walter Carlein
, den beiden Preisträgern noch je eine große, von unserem Mitarbeiter und Mitglied
Julius Kraetz auf Pergament künstlerisch geschriebene Urkunde neben dem Preis selbst
überreichte. Wir möchten noch anfügen, daß hiermit das erste Dutzend so geehrter Heimatforscher
verzeichnet werden kann — und es wird auch weiterhin in gleicher Weise Dank
und Anerkennung zum Ausdruck kommen; denn diese, unseres Wissens bis jetzt die einzige
kommunale Ehrung dieser Art in der Bundesrepublik, vor 12 Jahren von dem damaligen
Stadtrat Rolf Gustav Haebler angeregt und einstimmig vom Gemeinderat gutgeheißen,
wird ohne Zweifel auch künftighin unter Kulturpflege im Haushaltplan der Stadt stehen.

LAUDATIO

von Stadtrat Dr. Rolf Siegl

Am heutigen Abend habe ich den Auftrag, die Laudatio auf die Heimatpreisträger der
Stadt Baden-Baden für die Jahre 1970 und 1971, Herrn Dr. Hans Rößler und Herrn Paul
Braun, zu halten. Damit erscheint die Aufgabe und der Weg, den ich zu gehen habe, eindeutig
umrissen zu sein. Vor noch fünf Jahren hätte ich wohl kaum gezögert, sofort zu
beginnen. Aber in einer Zeit, in der alle Werte fraglich geworden sind und auf ihren
Urgehalt untersucht zu werden pflegen, erscheint doch eine Skepsis anzuklingen, ob noch
die Voraussetzungen dafür gegeben sind, Bürger unserer Stadt eine Auszeichnung zu verleihen
und ihre Verdienste in einer Laudatio zu würdigen. Es setzt sich aber neuerdings
doch immer mehr die Erkenntnis durch, daß man von überlieferten Gebräuchen nur dann
Abstand nehmen soll, wenn man imstande ist, das bisher Geübte durch etwas Neues, das
auch gehaltvoll sein muß, zu ersetzen. Ich kann aber nirgends erkennen, daß sich andere
Ehrungsformen anbieten, die geeignet wären, sich als echter Ersatz zu zeigen. Zusätzlich ist
aber auch zu bemerken, daß es vielleicht ein gewisser Anachronismus wäre, Männer, deren
Verdienste im Sammeln und Sichtbarmachen von Vergangenem bestehen, durch Ehrungsformen
auszuzeichnen, die in gar keiner Beziehung zu ihrer bisherigen Arbeit stehen.
Man könnte die Frage aufwerfen, ob es noch Aufgabe einer modern konzipierten Stadt
sein soll, das Vergangene zu bewahren. Martin Neuffer hat in seinem Entwurf einer Städtepolitik
„Städte für alle" ein ganzes Kapitel dem Problem des Sichtbarmachens der Ge-

2 Ortenau 1971

17