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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
51. Jahresband.1971
Seite: 18
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schichtlichkeit gewidmet; er betont die aktive Rolle des Historischen als ein lebenswichtiges
Ferment. Wenn auch Neuffer die Problemstellung in erster Linie auf dem Gebiet der
Erhaltung von Baulichkeiten sieht, so kann eine allgemeine pluralistische Kommunalpolitik
nicht an der Vergangenheit in all ihren Erscheinungsformen vorbeigehen. Wie viel mehr
hat das zu gelten für eine Stadt, die eine fast zweitausendjährige Vergangenheit hat.
Unserem Altstadtrat Rolf Gustav Haebler, auch ein Heimatpreisträger, kommt großes
Verdienst zu, die Schicksalskurven unserer Stadt mit ihren Höhepunkten und so oft tiefem
Elend aufgezeichnet zu haben. Wenn sich Baden-Baden nun anschickt, aufzubrechen zu
neuen Zielen einer modernen Welt, so können wir die Gewißheit betonen, daß es fest verwurzelt
in der Vergangenheit steht und nicht die Gefahr besteht, daß es in seinem beabsichtigten
Fortschrittsstreben unter Verkennung des Gewesenen aus den Pantinen kippt.
Das Sammeln der Uberreste, ihre Konservierung und das Darbieten muß seinen festen
Platz haben in einer modernen Stadtentwicklung.

Wenn man die Aufgabe hat, eine Laudatio auf zwei Heimatpreisträger gleichzeitig zu
halten, so liegt es nahe, daß man in Versuchung geraten kann, Vergleiche zwischen beiden
Persönlichkeiten zu ziehen und sie etwa unter dem Gesichtspunkt von These und Antithese
zu betrachten und darzustellen. Das wäre aber ein recht gefährliches Unternehmen,
wenngleich es auch reizvoll sein könnte. Ich maße mir nicht an, bei einem solchen Unterfangen
die bei einer Laudatio streng notwendige Objektivität zu wahren. Auch müßte
man dann den Ablauf des Geschehens, dem die heutigen Heimatpreisträger unterworfen
waren, in Schemata packen, die teilweise zu Überbewertung, teils zu Unterbewertung führen
müßten. Die spezielle Individualität käme bei einem solchen Vorgehen zu kurz.
So soll jeder für sich, wie es sich gehört, gewürdigt werden. Aber etwaige parallelen Züge
sollen doch kurz aufgezeichnet werden.

Beide sind gebürtige Baden-Badener, beide leben unter uns. Für beide ist ein wohlverstandener
Lokalpatriotismus die tragende Mitte. Ihr Lebenswerk auf dem Gebiet der Heimatpflege
zu würdigen, bedeutet, einen Blick zu werfen auf die Zeit und den Raum, in dem
sie sich bewegt haben, um aus vergleichenden Momenten den Standpunkt und den Wert,
den sie einnehmen, zu erfassen.

Eine Einschränkung gilt für beide, es ist unmöglich, den ganzen Lebensablauf der diesjährigen
Heimatpreisträger darzustellen und zu verdeutlichen. Im Vordergrund hat die
heimatpflegerische Tätigkeit zu stehen, die allerdings keineswegs völlig losgelöst von Herkommen
, Beruf und allgemeinem Lebensschicksal gesehen werden kann. Mannigfach ist
der allgemeine Lebensablauf verwoben mit dem, für das die Heimatpreisträger heute
ausgezeichnet werden sollen.

Ich will dabei auch verdeutlichen das darin enthaltene Phänomen des individuellen Verhältnisses
des „ich" zum „wir". Es müssen ganz bestimmte Impulse vorhanden sein, daß
ein Bürger neben seinem Beruf und neben sonstigen privaten Interessen sich für bestimmte
Belange der Allgemeinheit, seiner Stadt außer der Reihe einsetzt. Ich glaube, soziologisch
gesehen, ist es noch wenig erforscht, welche Antriebskräfte da im einzelnen wirksam werden
. Aber sie sind da, die Allgemeinheit, ihre Organisationen, ja die ganze Stadt profitiert
davon. Es ist auffallend, daß vielfach in neuen größeren Siedlungsräumen, neuen Stadtteilen
, in Satellitenstädten, sich nur sehr schwer das entwickelt, was man als bürgerliches
Leben bezeichnet; das scheint doch zu zeigen, daß Bürgersinn einer gewissen traditionell
bedingten Verwurzelung bedarf, um effektiv zu werden. Wir werden sehen, daß diese
Voraussetzungen bei unseren Heimatpreisträgern gegeben sind.

Wenn ich bisher ausführen durfte, daß ein Heimatpreisträger insbesondere im Zusammenhang
mit seiner Stadt gesehen werden muß, so gilt dies im Falle unseres Heimatpreisträgers
Dr. Hans Rößler in noch stärkerem Maße für die Familien-Bezogenheit. Er wurde am
15. September 1889 als Sohn des Hofapothekers Dr. Oskar Rößler geboren; seine Mutter
Helene war eine Tochter des damals bekannten Hoteliers Messmer, in dessen Haus der
deutsche Kaiser Wilhelm I. jahrzehntelang weilte. Dr. Hans Rößler war somit in eine alte
Baden-Badener Bürger-Dynastie hineingeboren, die das Leben der Stadt lange Zeit be-

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