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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
51. Jahresband.1971
Seite: 76
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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/ortenau1971/0078
mit dem ortenauischen Landvogt von Wellenburg als kaiserlichem Kommissar zur
offiziellen Auflösung des Hauses. Pater Hayl schreibt in seiner Chronik: „Um acht
Uhr mußte ich als Superior des Hauses, von der Kommission aufgefordert, in
ihrer Anwesenheit in der Kirche die hl. Messe lesen. Hierauf zogen wir ins
Rektoratshaus, wo alle in Ordenskleidern erschienen. Nach einem Gebet hielt der
Herr Generalvikar eine Rede, worin er uns große Lobsprüche erteilte und uns zu
trösten suchte. Hierauf wurden uns die päpstlichen Schreiben über die Aufhebung
des Jesuitenordens offiziell verkündet, worauf wir alle den Weltpriesterstand
erwählten. Wir erhielten sodann durch die Gnade der erlauchten Kaiserin das
Indigenatsrecht. Hierauf legten wir unsere Ordenskleider ab und kleideten uns
als Weltpriester. Die Kommissare speisten an diesem Tag bei uns im Rektoratshause
. Danach wurde alles unter kaiserliches Siegel gelegt. Die Inventarstücke, der
Hausrat, die Frucht- und Weinvorräte wurden versteigert, was beinahe dreißig
Tage in Anspruch nahm." Der Rektor des Kollegs, Pater Johann Philipp Hail
aus Rüdesheim, wurde Pfarrer in Ottersweier und starb 1783; er liegt in der Gruft
der Lindenkirche begraben. Pater Petrus Schommartz aus Speyer, ehemaliger Domherr
in Trier, wurde Vikar und half in der Seelsorge vor allem in Maria Linden,
soweit es seine „kontinuierliche Leibesblödigkeit" (Gebrechlichkeit) zuließ. Er verfaßte
seiner „allerliebsten Mutter Maria bei der Linden" zu Ehren 1775 das schon
genannte Gebets- und Wallfahrtsbuch und wurde ebenfalls in der Lindenkirche
beigesetzt. An den angesehenen Prediger und Beichtvater erinnert ein Gedenkstein
in der Südwand der Kirche mit der Aufschrift: R. D. Petrus Schommartz
Vicarius gestorben 10. Oktober 1777. Die anderen acht Patres wurden meistens
Pfarrer in den Nachbargemeinden. Das bisherige Rektoratshaus wurde dem nachfolgenden
Pfarrer und den Ratsherren als Wohnung zugewiesen.
Nach dem Weggang der Jesuiten wurden die Pfarrgüter bis 1776 durch die österreichische
Regierung bewirtschaftet und später verpachtet. Die Erträgnisse des
Rektoratsfonds dienten der Pfarrbesoldung. Die Residenz wurde um 2000 Gulden
von der Markgräfin Maria Viktoria erworben, die dort ein Erziehungsinternat
für Mädchen einrichtete. Der Unterricht war unentgeltlich, das Internat wurde
mit einem Stipendium für die Unterkunft und Erziehung von Kindern aus armen
Beamtenfamilien ausgestattet. Maria Viktoria berief Ordensfrauen aus der Kongregation
von Notre-Dame aus Altbreisach zur Erteilung des Volksschulunterrichts
. Nachdem das Pensionat 1823 nach Offenburg verlegt war, diente des ehemalige
Rektoratshaus als Schule und ist heute als Rathaus eingerichtet.
Die Gesellschaft Jesu wurde 1814 durch Pius VII. wiederhergestellt und 1848
auch in Deutschland zugelassen. Die Patres kehrten aber nicht mehr nach Ottersweier
zurück.

Die Aufklärung und Säkularisation

Noch während die Jesuiten an der Lindenkirche wirkten, kam eine neue und noch
größere Gefahr für die Wallfahrt, die Zeit der Aufklärung, die in Kaiser Josef II.

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