Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., H 519,m
Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
51. Jahresband.1971
Seite: 77
(PDF, 52 MB)
Bibliographische Information
Startseite des Bandes
Zugehörige Bände
Regionalia

  (z. B.: IV, 145, xii)



Lizenz: Creative Commons - Namensnennung - Weitergabe unter gleichen Bedingungen 4.0
Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/ortenau1971/0079
ihren höchsten staatlichen Vertreter fand. Gewiß waren in der Barockzeit Auswüchse
in der Frömmigkeit aufgekommen, die wir heute abwegig finden, wie die
allzu häufige Aussetzung des Allerheiligsten, einseitige Heiligen- und Marienverehrung
auf Kosten des Meßopfers, Reliquienkult und Wundersucht, die große Zahl
der Feiertage und Prozessionen. Die Aufklärung, die alles verstandesmäßig erfassen
wollte, lehnte jedoch nicht nur die Auswüchse ab. Weltliche und geistliche
Herren betrachteten das Wallfahren als Aberglaube und Zeitverschwendung,
wobei man nur zu unnötigem Geldausgeben verleitet werde80. Es folgten in der
Zeit von 1780 ab immer neue Befehle, Verordnungen und Bestandsaufnahmen, bis
1783 alle Nebenkirchen geschlossen und die Gnadenbilder beseitigt werden mußten
.

Zu den 121 Kirchen und Kapellen, die zur Aufhebung bestimmt waren, gehörte
auch die Lindenkirche, die geschlossen und abgerissen werden sollte. Nur den
inständigen Bitten der Gemeinde Ottersweier ist es zu verdanken, daß dieser Befehl
nicht ausgeführt wurde. Man half sich dadurch, daß die Lindenkirche zu
einer Filialkirche erklärt wurde mit dem Recht, einen Taufstein aufzustellen.
Eine neue Gefahr brachte die Säkularisation, wobei die rechtsrheinischen Teile
der Diözese Straßburg mit den vorderösterreichischen Besitzungen 1805 dem
Markgrafen von Baden zugesprochen wurden und das Gebiet zunächst der alten
Diözese Konstanz und 1827 dem neu errichteten Erzbistum Freiburg zugeteilt
wurde. Als Bistumsverweser von Konstanz hatte Wessenberg versucht, der Wallfahrt
durch Abbruch der Kirche ein Ende zu machen. Dank des Widerstandes der
Ortsgemeinde blieb auch diesesmal die Kirche erhalten.

Nach dem Wegzug der Jesuiten kam mit dem Geist der Aufklärung die Wallfahrt
in den folgenden Jahren fast zum Erliegen. Der Gottesdienst wurde von der
Pfarrei versehen, jedoch sehr vernachlässigt.

Neubelebung der Wallfahrt

Erst gegen Ende des neunzehnten Jahrhunderts, als eifrige Seelsorger in Ottersweier
wirkten, wurde die Wallfahrt wieder belebt. Jeden Samstag war hl. Messe
und Beichte. An Marienfesten und an den zweiten Tagen nach den kirchlichen
Hauptfesten wurde der ganze Pfarrgottesdienst vormittags und nachmittags in
Maria Linden gehalten.

Als die Jesuiten 1868 eine Volksmission in Ottersweier hielten, kamen Tausende
aus der Umgebung zu den Predigten. 1871 wurde der Kreuzweg erneuert, der
Dekan und Landtagsabgeordnete Lender hielt die Festpredigt. Im Jahre 1872
feierte man das Jubiläum von Pius IX., und am 16. Juni kamen in 12 Prozessionen
16 000 Pilger aus Sasbach, Sasbachwaldcn, Unzhurst, Lauf, Neusatz, Kappelwindeck
, Altschweier, Bühl, Bühlertal, Neuweier, Steinbach, Moos, Eisental, Hügelsheim
, Söllingen, Schwarzach, Greffern, Stollhofen, Ulm und anderen Ort-

8» Siehe FKB 1874, S. 114 ff., vgl. Ehrenfried, Waghäuse!, S. 67.

77


Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/ortenau1971/0079