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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
51. Jahresband.1971
Seite: 98
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Abb. 8

Aitfn.: Pfarrer Dr. Jörg Zink

Männer mit den langen Haarzöpfen. Man wollte in dem Einhorn schon ein Symbol
Christi erblicken, wiederum in Anlehnung an den Physiologus. Die Gesamtkomposition
spricht aber mehr für eine Bedeutung, wie sie in dem bereits zitierten
Psalm 21, 22 zu finden ist: „Aus dem Rachen des Löwen reiß mich heraus, errette
mich vor den Hörnern der Einhörner!" Das zweite Tier ist, wenn auch ein
bißchen unbeholfen in der Darstellung, ein Löwe; der in einem Dreiblatt endende
Schwanz ist Hinweis auf die ihm innewohnende dämonische Kraft; auch der einzelne
Löwe am Sockel des Taufsteins hat bei seinem um den Leib gelegten Schwanz
dieses sicher mehr als nur ornamentale Ende.

Daß der Name des Einhorns erst nachträglich durch ungenaue Übersetzung in die
Bibel kam - nach der griechischen Version der Septuaginta wird das hebräische
„re'em" (eine wilde Büffelart) mit „monokeros" wiedergegeben - ändert nichts an
dem Symbolgehalt. Das ganze Mittelalter hindurch konnte der Glaube an die reale
Existenz des Fabelwesens nicht erschüttert werden, obwohl schon der hl. Ambrosius
Zweifel daran hegte. Wenn Löwe und Einhorn sich bekämpfen, dann ist
damit der Unfriede zwischen den Mächten des Bösen angedeutet; in diesem Sinne
sind die beiden Tiere bereits im Stuttgarter Psalter aus dem 9. Jahrhundert (Landesbibliothek
) dargestellt. Der Kirchenlehrer Basilius (4. Jahrhundert) warnte den
Menschen vor dem Böses sinnenden, dämonischen Einhorn, und im waldensischen
Physiologus wird das Einhorn geradezu mit dem Teufel verglichen20. Wie die
beiden Drachen wird auch das Einhorn durch die göttliche Hand überwältigt; es
ist die gleiche Hand, die schwer auf dem Sünder lastet (Psalm 32, 4) und die
die Feinde des Guten tödlich trifft (Psalm 21,9).

Wenn wir in unserem Beitrag die einzelnen Motive der Reihe nach betrachtet haben
(vor allem Löwe, Drachen und Einhorn), so darf doch nicht der jeweils aufgezeigte
Bedeutungszusammenhang übersehen werden. Das macht gerade den ernst-

20 Zum dämonischen Wesen des Einhorns vgl. C. G. Jung: Psychologie und Alchemie. Zürich 1952, S. 591 f.
Lexikon der christlichen Ikonographie. Herausgegeben von Engelbert Kirschbaum. Freiburg 1968 ff., Bd. 1,
Sp. 510. Reallexikon zur deutschen Kunstgeschichte. Herausgegeben von Otto Schmidt. Stuttgart 1937 ff.,
Bd. IV, Sp. 1513 und 1532.

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