Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., H 519,m
Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
51. Jahresband.1971
Seite: 122
(PDF, 52 MB)
Bibliographische Information
Startseite des Bandes
Zugehörige Bände
Regionalia

  (z. B.: IV, 145, xii)



Lizenz: Creative Commons - Namensnennung - Weitergabe unter gleichen Bedingungen 4.0
Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/ortenau1971/0124
des Bildes die Signierung entdeckte, trat immer mehr auch der Gedanke an mich
heran, ob dieses Bild nicht auch Seele als Urheber haben könnte.

Vom Wolfacher Joseph Moser konnte es nicht sein. Seine Farben und seine Linien
sind zu hart dafür. Aber die Malweise entspricht der des großen Antependium-
bildes. Die gleichen weichen Töne, die gleichen rötlichen Haare, die gleiche Art der
lockigen Haare, das Grisaille des Linnens. Immer mehr kam ich auf die Zusammenhänge
der beiden Bilder. War es nicht möglich, daß der junge Seele, ehe er
den Auftrag, den festen Auftrag gegen Bezahlung, für das Antependium des
Stadtkirchen-Hochaltars bekam, hier eine Art Probestück gemalt hatte? Sollte es
dem Bewußtsein eines schlummernden und erwachenden Talentes entsprungen
sein, hierher, wo so mancher Wolfacher ein Bild gestiftet und gemalt hatte, doch
auch eines zu malen, daß er daraufhin den Auftrag fürs Große bekam? Oder
sollte es eine Art Dankesgabe sein, vielleicht für eine Heilung der geliebten Mutter
, daß er dies Bild malte? Nirgends steht darüber. Daß es aber von Seele sein
muß, steht mir so gut wie sicher fest. Ich fand keine Signierung. Also war es wohl
noch vor dem festen Auftrag, daß er sich noch nicht zu signieren getraute.

Da aber lernte ich Herrn Rektor Kurt Senn, Ettlingen, kennen, der sich mit der
Selbstbiographie Seeles befaßte, die er in Hüfingen aufgefunden hatte. Und da
ich aus einer seiner Veröffentlichungen das Selbstbildnis Seeles sah, fiel mir sofort
so manche Ähnlichkeit mit diesem Bild auf. Ich mußte Seeles Porträt, das er den
Hüfingern vermacht hatte, in deren Rathaus es hängt, im Original sehen! Denn
da mußte ich die Lösung des Rätsels finden. Rektor Senn war beim Vergleich der
beiden hiesigen Bilder auch fest davon überzeugt, daß beide der gleichen Künstlerhand
entstammen. So kam es zu einer Fahrt nach Hüfingen, zu der wir das
Christusbild mitnahmen.

Zuvor aber noch die Antwort auf die angebrachte Frage: Was war es nun, das
mich an ein Selbstbildnis denken ließ? Beim Vergleich mit Seeles Porträt nach
einem Foto fiel mir auf, wohl als erstes, daß Seeles Augenbrauen zweierlei Formen
haben, daß seine rechte Braue (vom Bild her gesehen; ich nehme alle folgenden
Bezeichnungen vom Bild her!) gegen die Nasenwurzel eigenartig ausläuft, leicht
in die Höhe gezogen, während die linke Braue abwärts in natürlicher Linie verläuft
. Diese Verschiedenheit finden wir auch am Christusbild, wenngleich hier
diese Besonderheit eine Änderung erfuhr, indem die Brauen schmerzvoll sich der
Mitte zu aufwärts richten, was aber die Verschiedenheit der Form nicht aufhebt.
Seeles linkes Auge hat eine stärkere Biegung des Augenwinkels gegen die Nase
zu als das rechte Auge, so daß der Lidbogen rechts mehr flach, links gewölbter ist.
Auch auf dem Christusbild ist dies der Fall. Nur muß ich gleich anfügen, daß es
sich beim Christusbild um ein Spiegelbild handelt, das also seitenverkehrt ist.
Deshalb ließ ich eine Fotokopie seitenverkehrt machen, und siehe da: Die Augenform
stimmte mit dem Porträt überein. Jetzt ergab sich auch noch etwas, das zur
Klärung beitrug: Es ist sonst meist üblich, daß man bei einem Porträt, wie überhaupt
bei den meisten Bildern, die rechte Seite im Licht, die linke aber im Schatten
hat. Bei diesem Christusbild ist dies umgekehrt! Beim Porträt Seeles ist es

122


Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/ortenau1971/0124