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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
51. Jahresband.1971
Seite: 124
(PDF, 52 MB)
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in der üblichen Art. Also kam es ihm dort auf die Naturähnlichkeit an, weshalb
er nach alter Malweise sich wohl nach dem Spiegelbild zeichnete, aber auf eine
Pause (heute macht man es mit Transparentpapier), die er dann, um das Bild
wahrheitsgetreu zu haben, umkehrte. Beim Christusbild, das er ja nicht der Porträtähnlichkeit
wegen malte, war dies belanglos. Vielleicht hatte er auch noch gar
nicht diese Erfahrung gemacht. Also ich ließ ein seitenverkehrtes Foto machen.
Und da nun der Lichteinfall von der gleichen Seite kommt wie beim Porträt, ist
auch die charakteristische Nasenform ähnlich wie bei diesem. Die Nasenspitze,
besser gesagt, Rundung, ganz ähnlich. Die Nasenlöcher ganz gleich, die Schatten
auf der linken Wange überraschend ähnlich, auch die Falte, rechts von dem Nasenflügel
ausgehend, die gesamte Kopfform, selbst durch Bart und Perücke sichtbar,
ganz gleich der Mund, der linke Mundwinkel besonders, wobei er sogar übersehen
hat, dem Christusbild auch einen schmerzlich verzerrten Mund zu geben. Es ist
der gleiche heitere Mund wie beim Porträt. Nur der Abstand zwischen Mund
und Nase ist beim Christusbild etwas kleiner als beim Selbstbildnis, und die Nase
etwas mehr in die Länge gezogen, dem üblichen Typ der Christusbilder entsprechend
. Ich mußte das Bild in Hüfingen vergleichen! Wir nahmen es mit.
Im Hüfinger Rathaus wurde uns das sehr schöne Porträt bereitwillig zur Verfügung
gestellt. Wir holten einen Spiegel, den wir neben das Porträt auf den
Boden stellten, da ja das Christusbild seitenverkehrt ist. Und wir hielten es dann
so weit entfernt, daß die Kopfgröße auf beiden Bildern die gleiche war. Die schon
erwähnten Ähnlichkeiten ergaben sich auch hier.

Wenn ich aber auf dem Foto des Hüfinger Bildes, also im Schwarzweißbild,
all die Ähnlichkeiten mit dem Wolfacher Bild in Schwarzweiß sofort erkannte,
hier in Hüfingen schien es zunächst, als ob es unmöglich sei, daß die beiden Bilder
von einer Hand seien und daß sie zudem das gleiche Gesicht zeigten. Denn während
das Wolfacher Bild noch den jungen, talentierten, aber ungeschulten Seele
zum Schöpfer hat, ist der Maler des Hüfinger Bildes ein in vorzüglicher Akademieausbildung
geschulter Meister, der mit reifem Können jede Linie setzt und jede
Farbnuance hervorhebt. Zudem ist das Wolfacher Bild im Sinn gemalt, die
Furchtbarkeit eines Christusleidens darzustellen, während das Hüfinger Porträt
das ganze Gegenteil darbietet, den hübschen, adretten, jungen Künstler, den
Schüler einer weitbekannten Akademie, den mit Sorgfalt und Pflege gekleideten
und frisierten Karlsschüler, bei dem es, wie er selbst schreibt, um Korrektheit
von offenen oder zugeknöpften Knöpfen ging! Von den rötlichen Haaren, die auf
beiden Wolfacher Bildern typisch sind, und die wohl dem Naturell des Seeles entsprachen
(er berichtet ja von seinem Bruder, der rote Haare hatte, so daß dies
auch bei ihm der Fall sein konnte, wenn er es auch nicht extra erwähnte), ist beim
Hüfinger Bild nichts mehr zu sehen, die gepuderte Perücke verdeckt sie. Doch
beim genauen Hinblicken auf das Wolfacher Bild glaubt man unter dem blutigen
Rot der weinenden Augen das Graublau zu entdecken, was Seeles Augen in
Hüfingen zeigen.

Ein Selbstbildnis Seeles als Christus auf dem Schweißtuch? Ja oder nein? Es sind

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