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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
51. Jahresband.1971
Seite: 235
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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/ortenau1971/0237
Expositur, nach Neustadt im Schwarzwald geführt hatte, um mit ihm als Geisel
eine verzögerte Abgabeforderung einzutreiben, bricht die Klage über die armselige
Lage der Stände, vor allem der geistlichen, ungehemmt hervor. Daneben wirkt der
Vorbehalt, sich selbst an den Kaiser wenden zu wollen, wenn nicht Abhilfe geschaffen
werde, müde, da dahinter das Wissen steht, daß die „Arme des Militärs
lang", die Verfügungen der Kanzleien aber „wie gewöhnlich wortreich aber arm
an Hilfe" sind20. Es sind nach „gewohnter Weise" „politische Antworten", „Hofbescheide
", die nichts ausrichten21.

Hinzu kommt die in Krisenzeiten wachsende Befürchtung, durch das Wohlwollen
der einen den Argwohn der anderen Partei einzuspielen. Ähnlich, wenn auch nicht
so schlecht wie dem Malberger Oberamtmann Olizy, erging es auch Vogler. Jenem
wurde von kaiserlicher Seite vorgeworfen, den Franzosen Schafe verkauft zu haben22
. Nach einem anstrengenden Untersuchungsverfahren, bei dem konfessionelle
Fragen keine geringe Rolle gespielt haben dürften23, wurde er festgenommen24 und
längere Zeit in Haft gehalten.

Vogler indes hatte man nach den schweren Ereignissen des Jahres 1689 vorgeworfen
, er sei vom Reich abgefallen. Auch wenn dieser Vorwurf nur über Zuträgereien
verbürgt ist, glaubte Vogler ihn in Belästigungen durch Steuerbeamte bestätigt zu
finden. Er brennt darauf, Genaueres über diese geheimen Anklagen zu erfahren,
hat jedoch kaum Hoffnung, die nötigen Unterlagen zu erhalten2''. Er gesteht sich
ein, daß es für das Kloster vernünftiger wäre, „zum Reich zurückzukehren" und
bestätigt damit indirekt die Vorwürfe, ohne jedoch die naheliegende Entschuldigung
zu vergessen: „Wer kann gegen den Strom schwimmen?"

Ein schwacher geistlicher Staat konnte sich zwischen dem mächtigen Frankreich
und dem im Osten gebundenen Habsburg nur durch geschicktes Absichern und
Lavieren halten. Man tat es nur mit halbem Herzen und schlechtem Gewissen.
Wie mit dieser pragmatischen Einstellung eine gefühlsmäßige Anhänglichkeit an
das Reich und eine für einen geistlichen Prälaten kaum gewöhnliche patriotische
Gesinnung verbunden sein konnte, zeigen die Einträge zur Zeit des Friedensschlusses
von Ryswick.

Für uns kaum denkbar ist die zeitliche Verzögerung und Verschwommenheit der
Information über ein Ereignis, das eine fast zehnjährige Leidenszeit zu Ende
bringen sollte. Der Souverän des kleinen Staates erfährt am 29. September von

20 Tgb. 7. 5. 1691: 8. 5. 1691 und 10. 5. 1691, vor allem zum 8. 5. 1691: „Litteras iteratas expedio ad celsum
regimen.......non obscure intimo sacram pecuniae famem ac extorquendi methodum praefati Generalis
) ac miserrimam constitutionem statuum maxime praelatorum si cuique datur libera potestas extorquendi
pro libitu (et abducendi)."

21 Tgb. 15. 6. 1699.

22 Tgb. 12. 4. 1699.

23 Tgb. 23. 2. 1699.

24 Tgb. 30. 3. 1699.

25 Tgb. 14. 7. 1691: „D. Exsyndicus Eschenbruch mecum loquitur ratione multarum rerum, inter alia memorat
quod contra monasterium nostrum adhuc de facto agat fiscalis camerae quondam Spirensis ratione defectio-
nis vel potius transitionis ab imperio. (Am Rand:) melius et consultius foret monasterio nostro redire ad
imperium. Verum quis conrra torrentem?"

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