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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/ortenau1972/0108
Mittelalterliche Kaplaneistiftungen
an den Pfarrkirchen der Ortenau

Von Dieter Kauß

Innerhalb der mittelalterlichen kirchlichen Pfründen nehmen die Kaplaneistiftungen1
zum Totengedächtnis Einzelner oder ganzer Familien einen nicht unbedeutenden
Platz ein. Sie sind eine erweiterte Form der Anniversarstiftungen und
wurden institutionalisiert, um den Stifterwillen nicht mehr nur dem Erfüllungswillen
der Nachkommen zu überlassen. Die jeweilige Kaplanei wurde auf einen
bestimmten Altar einer Kirche, der entweder vorgefunden oder neu errichtet
wurde, gestiftet, mit Pfründgut, eventuell einem Haus oder mit Paramenten und
sonstigen liturgischen Geräten begabt. Die Stifter dieser Kaplaneien — bisher in
unserer Umgebung meist nur in den Städten betrachtet2 — kamen aus dem städtischen
Adel und dem besitzenden Bürgertum oder auch aus dem Klerus. Die
Kollatoren dieser Priesterpfründen stammen meist aus der Stifterfamilie; bei deren
Aussterben wird der Rat der Stadt ihr Rechtsnachfolger. Der Bischof ist bei
den Besetzungen der Kaplaneien und bei eventuellen Unionen mitbestimmend.
Wann er überhaupt die Investiturpflicht hat durchsetzen können, muß vorerst
noch offenbleiben. Die Stiftungen solcher Kaplaneien, die nicht oder nur sehr lose
mit der Seelsorge verbunden sind, geschieht sporadisch seit dem Ende des 13. Jahrhunderts
, mehr jedoch seit dem vierten Jahrzehnt des 14. Jahrhunderts. Im 16.
Jahrhundert geht die Großzahl dieser Kaplaneien trotz der katholischen Reform
zurück. Die Stiftungen werden karitativ verwendet oder in einige Seelsorgestellen
umgewandelt und konzentriert. Die Zeit der Aufklärung macht schließlich aus
noch vorhandenen Kaplaneien seelsorgerlich fungierende Lokalkaplaneien oder
Schullehrerstellen. So erweisen sich die mittelalterlichen Kaplaneistiftungen als
spätmittelalterliche Form „ausgesprochener individualistischer Frömmigkeit, die
zuwenig Dienstfunktionen der Allgemeinheit gegenüber beinhaltet, um nicht Verfallstendenzen
ausgesetzt zu sein" 3. Trotz ihrer oftmals zu konstatierenden Häufigkeit4
gehören diese Kaplaneien zu Randerscheinungen des kirchlichen Lebens.

1 Vgl. dazu neuestens W. Müller, Die Kaplaneistiftung (praebenda sine cura) als spätmittelalterliche Institution
, in: Von Konstanz nach Trient. A. Franzen zum 60. Geburtstag. Münster 1972, S. 263—276; dort
siehe auch weitere Literatur.

2 Vgl. W. Müller, Der Wandel des kirchlichen Lebens vom Mittelalter in die Neuzeit, erörtert am Beispiel
Breisach, in: FDA 82/83 (1962/63) S. 227—247; ders., Zur Geschichte der Kaplaneien im Schweizerischen
Anteil des Bistums Konstanz, in: Festschrift Oskar Vasella 1964, S. 226—234; ders., Mittelalterliche Formen
kirchlichen Lebens am Freiburger Münster, in: Freiburg im Mittelalter. Bühl 1970, S. 141—181, insbesondere
S. 148—169.

3 W. Müller, Die Kaplaneistiftung, S. 276.

4 Ebda., S. 271/272.

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