Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/ortenau1972/0126
Ordnungen aus dem Geltungsbereich der Straßburger Rheinfischerordnung und angrenzender
Gebiete.

Die Worterklärung füllt acht Seiten (Blattgröße ca. 35 X 22 cm); die Blattränder sind
leicht eingerissen. Die Akte befindet sich im Besitz der Fischerzunft Freistett/Diersheim
und wurde dem Verfasser von Zunftmeister Karl Ulrich, Freisten, freundlicherweise zur
Auswertung überlassen.

Der folgende Abdruck bietet den Originaltext. Streichungen wurden (mit einer gekennzeichneten
Ausnahme) getilgt, Schreiberabkürzungen aufgelöst. Zur leichteren Lesbarkeit
des Originals wurde die nur spärliche Zeichensetzung behutsam erweitert. Zur Orientierung
über den jeweiligen Zusammenhang geben wir die entsprechenden Artikel der
Freistetter Zunftordnung von 1671 bei. Die Anmerkungen bieten, ohne Anspruch auf
Vollständigkeit, zusätzliche sprachliche und sachliche Erläuterungen, die mit der Wiedergabe
vorwiegend hanauischer Belege aus Vergangenheit und Gegenwart die Kontinuität
der Fischersprache im Straßburger Raum zeigen sollen.

Explicatio

Derer in denen hiesigen fischer Zunffl Articuln enthaltener unverständlicher und
unhekandter Ter minor um.

9. Das Wort Leben3 Significat, mann verferttiget nehmlich etliche Fachinen4 von

3 Die erste Auenheimer Fischerordnung (1442) erwähnt diese Fangvorrichtung als „lewen", die erste
Altenhcimer Fischereiordnung als „leuwen". Im Elsaß sind diese Fischwohnungen als „Löijc" bekannt.
Sie werden heute noch in einigen Rheindörfern angelegt.

Mhd. lewe swf. Jischhecke1 (Lexer 1, 1845 nach einem der Auenheimer Zunftordnung von 1442 entnommenen
Beleg), eis. [Lag, Löey, Loej, Lau, Lo] nach Eis. Wb. 1, 570 zu ,Lage, Schicht' gehörig, während
Bad. Wb. Arch. das nur urkundlich nachgewiesene Wort mit den Formen ,leuen, leuwen' usw. zu afrz.
mfrz. löge (eine frühe romanische Entlehnung aus germ. laubja, FEW 16, 446) stellt in der Bedeutung
„künstliche Schlupfwinkel für Fische, Pfähle mit Faschinen, die später mit Netzen umzogen und nach
Entfernung der Pfähle ausgefischt werden". Falsch ist die Verbindung des Wortes mit hochdeutsch Löwe,
die Karl Christ herstellt: „wahrscheinlich Reusengarne mit löwenförmigen Rachen gemeint" (Karl Christ,
Namen alter Fischgeräte, in: Archiv für Fischereigeschichte 10 [1926], S. 65). Christs Volksetymologie
übernehmen Illustriertes Fischerei-Lexikon, S. 196, und Lauterborn, S. 120, Anm. 32. Die Freistetter
Fischer selbst vollziehen für den Fachterminus Leben (mdal. Lab, Läbe) eine Anlehnung an hd. Laub
oder Leben (es lebt im Holz).

Weniger uneinheitlich als die etymologische Deutung ist die Erfassung der Wortbedeutung, die bei den
genannten und weiteren Autoren (Hirth, Heimatbuch Greffern, S. 115; Merk, Neuenburg, S. 202)
entweder nach Lexer, a. a. O. mit ,fischhecke' wiedergegeben wird oder sich an die Erklärung Karl
Asbrands anschließt: „Löwen . . . künstliche Fischnester. An tiefen Stellen stillen Wassers werden
Pfähle eingeschlagen und an diese dornenloses Reisig befestigt. Zur Winterszeit sammeln sich darin die
Fische und suchen Schutz. Glauben nun die Verfertiger, die Löwen seien gefüllt, so umstellen sie dieselben
mit Garnen, heben das Reisig heraus und fangen die Fische" (Asbrand, Fischerzunft, S. 223,
bekanntgeworden durch auszugsweisen Abdruck bei Mone, Flußfischerei, S. 79 ff., vgl. auch S. 68 f.).
Die Erklärung von Asbrand stimmt außer mit der hier vorgelegten Freistetter Erklärung auch mit der
bisher nicht beachteten Beschreibung des Straßburger Fischers Baldner aus dem Jahre 1666 (Lauterborn,
S. 120 f.) überein: „Zur Winterszeit hab ich selber in einer Leben, welches mit Reiß wellen gemacht
wird in dem Wasser, daß die Fisch sich darunder versammlen, biß in 12 Sester voll gefangen."
Dagegen beschreibt Fritz Wolff, Vom Rastatter Murgfischerwesen, in: Bad. Heimat 37 (1957), S. 289, die
lewen als „Lachstrichter . . . richtige Fischfallen großen Stils, die aus hufeisenförmig im tiefen Wasser
eingerammten Pfählen bestanden und mit Reisig verdichtet waren. Hatten sich genügend Fische darin
gefangen, so schloß man die lewen ganz plötzlich". Die Rastatter Murgfischerordnung vom 22. August 1505
zeigt jedoch in Artikel acht (Mone, Flußfischerei, S. 93), daß im allgemeinen gerade während der Lachszeit
diese Fischhecken verboten waren, so daß wir den Rastatter Urkundenbeleg bedeutungsmäßig den
hanauischen Termini leben, lewen gleichstellen hönnen. Die von Schwärzel, Fischerei Meißenheim,
S. 32 angegebene Wortbedeutung für den aus Meißenheimer Fischereiordnungen bezeugten Terminus
leeben, „Fischzäune, die nach dem Rückgang des Hochwassers den Fischen den Weg versperren",

124


Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/ortenau1972/0126