Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/ortenau1972/0143
erste Pioniertat als Ortsvorsteher war der Neubau einer Kinderschule, die bis 1958
den Anforderungen genügte. Heute steht dort das Lagerhaus der örtlichen landwirtschaftlichen
Genossenschaft. Saenger konnte sich nie mit ungeteilter Kraft den
Belangen seiner Mitbürger widmen, hatte jedoch gewissenhafte und treue Mitarbeiter
auf dem Rathaus, die während seiner häufigen Abwesenheit von Diers-
heim, bedingt durch seine zahlreichen Ämter, in seinem Sinne die Dienstgeschäfte
führten. Während seiner Amtszeit entwickelte sich Diersheim zu einer nach damaligen
Begriffen wohlhabenden Landgemeinde, was natürlich nicht ausschloß,
daß die zahlreichen Taglöhner, „Krampen" (Eier- und Geflügelhändler, daher
auch der in Diersheim häufige Name Grampp), Fischer und die wenigen Auspendler
(die zu Fuß in das 18 km entfernte Straßburg zur Arbeit gingen!) bei
entsprechendem Kinderreichtum ein recht ärmliches Leben führten. In jener Zeit
spielte der Tabakanbau eine bedeutende Rolle im Hanauerland, nachdem Flachsund
Hanfkulturen im Rückgang begriffen waren.

Landauf, landab wurde Saenger immer bekannter als Vorkämpfer der Genossenschaftsidee
, als mitreißender Redner, als Persönlichkeit von seltenem Format.
Schon als 38jähriger zog er als Kandidat der Nationalliberalen Partei, die damals
im protestantischen badischen Hanauerland von einer breiten Mehrheit getragen
wurde, in einem Landtagswahlkampf, der ihm als eindrucksvollen Vertrauensbeweis
der Landbevölkerung einen beachtlichen Stimmenvorsprung gegenüber den Kandidaten
anderer Parteien bringen sollte. Von 1905—1911 war Friedrich Saenger
Abgeordneter der II. Kammer im Karlsruher Landtag, die man auch „Volkskammer
" nannte, weil hier die eigentlichen Parteien- und Volksvertreter versammelt
waren, während in der I. Kammer, der sogenannten „Ständekammer", die
Vertreter der Berufsstände weniger parteipolitische als standespolitische Interessen
verfochten.

Saengers schärfste Rivalen gehörten der Zentrumspartei an, die sich in überwiegend
katholischen Landgegenden eine Vormachtstellung erkämpft hatte. Relativ
spannungsarm hingegen war Saengers Verhältnis zu den Sozialdemokraten, und es
fehlte nicht an Beweisen gegenseitiger Toleranz und Achtung. Seine vielbeachteten
Parlamentsreden erhielten sowohl von seiner eigenen Fraktion als auch von sozialdemokratischer
Seite stets Beifall, wenn Saenger die Angriffe der Zentrums-
Agrarier mit rhetorischem Geschick, Humor und Überzeugungskraft zurückwies,
was Presseberichten zufolge häufig geschehen sein mußte.

Die bäuerlichen Organisationen in Baden waren damals in zwei feindliche Lager
getrennt, in den „Verband badischer landwirtschaftlicher Konsumvereine", später
„Verband badischer landwirtschaftlicher Genossenschaften" genannt, der politisch
den Nationalliberalen nahestand, und in den mit dem Zentrum sympathisierenden
„Badischen Bauernverein". Von 1906 bis zu seinem Tode war Friedrich Saenger
Präsident des Genossenschaftsverbands. Zwischen den rivalisierenden bäuerlichen
Organisationen kam es in jenen Jahren zu erheblichen Spannungen, die sich gelegentlich
in heftigen Rededuellen im Karlsruher Landtag entluden. Auch zwischen
dem im ganzen Reichsgebiet bestehenden „Bund der Landwirte", größtenteils von

141


Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/ortenau1972/0143