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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/ortenau1972/0184
Wer von den Wäldern dieser Zeit berichtet, muß auch auf den „Eckerich"1 zu sprechen
kommen, d. h. auf den Brauch, die Schweine zur Zeit der Eicheln- und Bucheckernreife
in die Wälder zu treiben, damit sie dort ihre Nahrung suchen. Man kann sich heute nur
schwer eine Vorstellung davon machen, welche Bedeutung der Eckerich einmal für unsere
Vorfahren hatte. Schweinefleisch war ein wesentlicher Teil der Ernährung. Es war geräuchert
für lange Zeit haltbar zu machen und diente so einer einfachen Vorratswirtschaft.
Aber an eine Futterversorgung zum Heranmästen der Tiere in der heutigen Art war damals
nicht zu denken. Das Brachfeld und vor allem die Wälder mußten zur Ernährung
der Tiere hauptsächlich beitragen.

Die bereits erwähnte Unsicherheit der Grenzverhältnisse und der Rechtslage bei vielen
Wäldern hatten auch auf die Nutzung des Eckerich ihre Auswirkung. Die Waldgenossen
sollten das für den Eckerich bestimmte Gelände unter sich teilen, aber sie wurden sich
bei dieser Aufgabe nicht immer einig.

Da hören wir von einem schweren Streit zwischen dem Kloster Ettenheimmünster und den
sieben Waldgenossen der Gegend im Jahre 1576. Man wirft dem Kloster vor, es lasse die
Schweinehirten nach Willkür mit der Herde durch die Wälder streifen. Auch sei diese
Herde mit 80 bis 90 Tieren viel zu groß.

Der Abt beruft sich auf alte Herkommen, aber die Waldgenossen wollen diese Einrede
nicht gelten lassen und dem Kloster keine Sonderrechte zugestehen. Die Auseinandersetzung
führt schließlich zu einem Gewaltakt, indem man dem Kloster die Herde abtreibt
und die Tiere im Ettenheimer Stadtgraben „verarrestiert". Es kommt anschließend zu
einem Prozeß vor dem bischöflichen Gericht in Zabern, und nur nach langem Verhandeln
läßt sich eine Schlichtung herbeiführen.

Schweineherden von 80 bis 90 Tieren waren schon ungewöhnlich groß. Im Durchschnitt
pflegte eine Gemeinde 30 bis 40 Schweine „in den Wald zu schlagen".
Die Riedorte trieben zum Eckerich zunächst in den Niederwald. Aber der Eicheln- und
Bucheckernsegen verteilte sich in manchen Jahren ungleich. Dann konnte es vorkommen, daß
die Riedgemeinden nach dem Bergwald oder ein andermal die Orte am Gebirgsrand nach
dem Ried treiben mußten, was jeweils eine besondere Regelung erforderte.
Eine schwierige Lage entstand bisweilen, wenn der Landesherr ein größeres Jagen ansagte
und deswegen den Wald sperren ließ. Eine Bittschrift an den Markgrafen von
Baden in einem solchen Falle zeigt deutlich, wie sehr die Menschen damals auf den
Eckerich angewiesen waren. Heißt es doch in dieser Bittschrift, der Markgraf möge aller-
gnädigst den Wald nicht allzu lange schließen, „da sonst die armen Schweinlein verhungern
müßten".

Ähnlich wie den Weidbetrieb beginnt man auch die Nutzung des Eckerich gegen Ende
des 18. Jahrhunderts einzuschränken. Forstwirtschaftliche Gesichtspunkte mögen dabei
maßgebend gewesen sein, wenngleich zu sagen ist, daß durch die Schweine, die sich bei
ihrer Nahrungssuche am Boden halten, wesentlich weniger Schaden in den Wäldern angerichtet
wurde als durch das Großvieh. So hält sich denn auch der Brauch der Eckerichnutzung
noch eine Zeitlang, als die Gemeindeweiden bereits aufgelöst sind. Es ist dies
auch daraus zu ersehen, daß die Gemeinden das Amt des Schweinehirten länger beibehalten.
Friesenheim beispielsweise stellt das Amt des Rinderhirten in den achtziger Jahren des
18. Jahrhunderts ein, während man den Schweinehirten noch weiter in Dienst behält.

1 Vgl. dazu auch die Aufzeichnungen des Schultheißen von Kork über lickerich- und Waldangelegenheiten
im Beitrag von W. Gräßlin.

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