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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/ortenau1972/0214
Januar 1787 eine Pränumeration für seinen „Freund" empfiehlt. Feiner war Professor am
Gymnasium in Freiburg, „ein offenherziges enfant terrible der Aufklärungszeit", der damals
im gesellschaftlichen Leben der Stadt eine dominierende Rolle spielte60.

Finanzielle Schwierigkeiten

Sie gehörten bei einem so dynamischen Unternehmer zwangsläufig zum täglichen Brot,
aber 1787 überschritten sie das erträgliche Maß, zumal ihm auch noch die Vorschriften
der Zensur das Leben erschwerten. Auf Wunsch des Markgrafen hatte La Hogue im
Januar provisorisch die Zensur für das französische Blatt übernommen und sich bald
darauf beschwert, daß Müller „ma correspondance" nicht vorlege. Da dieser Beweise in
Händen hat, daß er die Manuskripte jedesmal ordnungsgemäß der Zensur unterbreitete,
behält er sich in verständlichem Zorn über diese Schikane eine Anzeige wegen Verleumdung
vor. In einer fast ausweglosen Situation fährt er nach Paris, um Geld aufzutreiben.
Daß er mit der Zahlung von Gehältern im Rückstand war, erschwerte seine Lage nur
noch. Er hatte von Grözinger aus Reutlingen zwei Wechsel zu je 300 Gulden in Zahlung
genommen und weitergegeben; die Wechsel wurden aber nicht eingelöst und gingen zu
Protest, so daß Müller regreßpflichtig gemacht wurde und anscheinend mit diesem Betrag
eine Wechselverpflichtung einging, die am 24. Juni in Straßburg fällig wurde. Die mit
dem Unternehmen Müller befaßte Kommission berichtete am 21. Juni, daß er aus Paris
und die Müllerin aus Kehl „mit vielem Jammern" von der Wechselgeschichte schreibe.
Von Paris aus setzte der verzweifelte Schuldner alle Hebel in Bewegung: am 11. Juni
schrieb er an den verständnisvollen Jägerschmidt, seine Frau sei Wöchnerin und er könne
erst Mitte Juli zurück sein, und am 15. Juni fleht seine Frau den Spezial Johann Adam
Gerwig an, er möge ihre Kinder retten; man glaubt ihr aufs Wort, daß sie nichts von
protestierten Wechseln verstehe. Wie muß dieser Magdalena Rehfuß zumute gewesen sein,
da sie vor wenigen Jahren einen aufstrebenden Verleger geheiratet hatte und nun diesen
zermürbenden Kampf um die Erhaltung der beruflichen Existenz miterleben mußte. Da
wir aus jenem Jahr keine Geburtsanzeige besitzen, kann es gut sein, daß die unerquickliche
Lage ihrer Gesundheit schadete. Wir wissen nicht genau, auf welche Weise Müller
geholfen wurde, aber es mußte auch im Interesse des Gymnasium-Verlages zwangsläufig
geschehen. Sehr wahrscheinlich ist Spezial Gerwig, Stadtpfarrer in Durlach, in die Bresche
gesprungen; ihm war auch von Jägerschmidt das Mißgeschick Müllers eindringlich geschildert
worden. Man wollte den Verleger wegen eines zufälligen Unglücks nicht fallenlassen
und erst seine Rückkehr aus Paris abwarten, um dann eventuell die von Müller
angebotene letzte Möglichkeit ins Auge zu fassen: die Abtretung seiner Privilegien.

Das Projekt einer Polytyperie

Brachte Müller aus Paris wohl kein Geld mit, so doch einen Plan, den er aus Durlach
am 14. November 1787 dem Markgrafen vorlegt. Er berichtet ihm von einer drucktechnischen
Erfindung eines Deutschen in Paris, die es gestatte, nach dem Satz von Büchern
„auf eine bisher unerklärbare Art, ein Abguß in eine sehr feste Materie" zu machen,
der weder an Reinlichkeit noch am scharfen Umriß der Lettern, dem ersten Satz im
geringsten weicht". Die Erfindung sei nur deshalb in Frankreich nicht sehr geachtet, weil
sie ein Deutscher gemacht habe, der in nicht sehr günstigen Verhältnissen lebe. Der französische
König habe allerdings dem Erfinder das Geheimnis vor zwei Jahren gegen
30 000 Livres abgekauft unter der Bedingung, daß solches vor Ablauf von 15 Jahren nicht
publiziert werde, ohne ihn jedoch einzuschränken, inzwischen davon Gebrauch zu machen.
Beigefügt ist eine Probe, datiert vom 1. August 1787 aus Paris. Als Erfinder nennt er den

60 Robert Feger, Im Wettstreit mit Hebel — Der Freiburger Dichter Ignaz Feiner, in: Die Markgrafschaft,
II. Jg., Heft 2, 1959, S. 13 ff. und Heft 3, S. 11 ff.

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