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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
53. Jahresband.1973
Seite: 84
(PDF, 57 MB)
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Magistratus aller weiteren Klagen und Widerwärtigkeiten enthoben sein möge."
Dieser Satz, der am Anfang einer Spitalordnung steht, zeigt, daß Schultheiß und
Rat ein geordnetes Spitalleben sehr am Herzen lag. Sowohl die Pfründner als
auch die Bediensteten mußten sich einer weitverzweigten Hausordnung unterwerfen
. Darüber berichten die Spitalordnungen aus den Jahren 1608, 1716, 1752,
1785 und 1820. Den Pfründnern wurde ernstlich anempfohlen, sich in den Zimmern
und in der Kleidung sauber zu halten, sich ehrlich aufzuführen, die Oberpfleger
nach Schuldigkeit zu respektieren und dem Spitalmeister und der Meisterin
die gebührende Ehre zu erweisen. „Nach gelittenem Ave Maria" wurden
abends die Türen geschlossen. Ohne Erlaubnis des Oberpflegamts wurde niemand
mehr eingelassen. Wie schon erwähnt, verpflichteten sich einige Arme und Unter-
pfründner, gemäß den Anweisungen des Spitalmeisters Arbeitsdienste zu verrichten
. Zu diesen Arbeiten gehörte auch das Spinnen. „Eine Spinnerin soll Winterszeit
jeden Morgen 4 Uhr anfangen zu spinnen, alle Werktag bei der Kunkel
(Spinnrocken) verbleiben bis nachts um 11 Uhr." Alle Pfründner waren aufgefordert
, geistliche Übungen zu verrichten. Im Mittelalter war dies wohl in höherem
Maße der Fall. Am Samstagabend sollten sie am Rosenkranz teilnehmen,
den Spitalmeister und Gesinde in der St.-Andreas-Kirche beteten. „Pfründner
sollen keine Händel und Geschwätz anfangen, noch weniger fluchen; sie sollen
ihre noch wenig habende Lebenstäg also in christlicher und Gott höchst ange-
nehmber Verständnus verzehren . . ." Die Dienstboten, Knechte und Mägde,
sollten „den Herren und Frauen alle Ehre erweisen, keine unfreundlichen Gebärden
und Mienen machen". An Werktagen mußten sie um 4 Uhr aufstehen,
nach vollbrachtem Morgengebet und gemachter guter Meinung so lange arbeiten
, bis die Köchin zur Morgensuppe rief, und das Tischgebet stehend verrichten.
Bei der Arbeit sollte sich keiner „unterfangen zu fluchen, zu schmähen, sondern
seinen Dienst so verrichten, wie es fleißigen, fromben und gottesfürchtigen Ehehalten
gebührt".

Die Spitalordnungen gewähren auch einen tiefen Einblick in die Versorgung und
Verpflegung der Insassen. Sie enthalten spezielle Speiseordnungen mit genauen
Bestimmungen über Art und Menge der Rationen. Das Mittagessen wurde um
11 und das Abendessen um 6 Uhr eingenommen. Der Spitalmeister mußte darum
besorgt sein, daß die Pfründner „zur rechten Zeit gut gekochte Speisen erhielten,
wie es alte Leute ertragen können; auf wahrnehmendes Laithen der hierzu be-
stimbten Klocken sollen sie Speise und Trank mit vorhergehendem Tischgebet
auf eine Stunde in Fried und Einigkeit genießen, nach diesem wiederum dem
Allerhöchsten schuldigsten Dank sagen". Wer nicht pünktlich erschien, erhielt
weder Brot noch Wein. Nur die Teilnahme am Gottesdienst konnte spätes Erscheinen
entschuldigen.

Auf jedem Tisch standen vier Speisen und Suppe, dreimal in der Woche Braten
von verschiedenen Fleischsorten, dann und wann Geflügel, das die Gültmeier
lieferten. Besonders schätzten die Pfründner den Laib Brot, der ihnen wöchentlich
gereicht wurde, und die tägliche Portion Wein. Die Oberpfründner erhielten

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