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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
53. Jahresband.1973
Seite: 91
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bei ein wenig Ersparnis an den so wohlgenährten Pfründnern ohne Schaden derselben
geschehen könne".

Auch unter die Ortenauer und andere auswärtige Arme, die täglich bettelnd in
die Stadt kamen, wurde Geld und Brot verteilt. Im Lauf der Jahrhunderte waren
auch die sogenannten „milden" Stiftungen an die Hospitalstiftung angeschlossen
worden und wurden vom Hausmeister verwaltet: die Stiftungen der studierenden
Knaben, der armen Eheleute und Waisenkinder, der armen Handwerksknaben
, die alle drei in das 16. Jahrhundert zurückreichen, und schließlich die Stiftung
der Müller- und Bäckerbruderschaft, die schon 1406 bestätigt worden war.
Am Fest der hl. Margarete (13. Juli) und am St.-Andreastag (30. November)
wurden jedes Jahr 150 Knaben drei Tage lang „mit Speise und Trank genährt".
Selbst die von Melchior Wiedergrün von Staufenberg im Jahre 1572 ins Leben
gerufene Wiedergrün-Stiftung war an die Hospitalstiftung angeschlossen. Der
Durbacher Ortsvorgesetzte holte die Almosen jeweils am St.-Katharinentag ab
und erhielt ein kostenloses Mittagessen.

Zu Beginn des 19. Jahrhunderts wurde die Armenpflege für das St.-Andreas-Hospital
eine sorgenvolle Aufgabe; denn ihre Zahl wuchs beständig. Laufend wurden
Almosen an Geld, Brot, Wein, auch Mittagskost an arme Einwohner abgegeben
. 1814 - 16 erhielten nicht weniger als 100 Personen aus dem Hospital
wöchentlich einen Laib Brot. Viele mußten noch mit Brennholz versorgt werden.
1819 befürchtete die Oberpflegschaft, daß „das reiche Spital Gefahr laufe, von
den Armen aufgezehrt zuwerden". Aber auch das Armenhaus bedeutete für das
Hospital wegen seiner schlechten Verwaltung eine große Belastung. Die Oberpfleger
klagten, daß eine „enorme Quantität Lebensmittel aus dem Hospital in
das Armenhaus geschleppt" werde. Auch die Insassen des Krankenhauses bekamen
ihre Verpflegung aus dem Hospital. In vielen Fällen wurde alten Kranken die
tägliche Kost in die Wohnung gebracht. Kein Wunder, daß die Bürgerschaft zu
milden Stiftungen in die Armenkassen aufgefordert werden mußte.

Gegen Mitte des Jahrhunderts wurde die Not noch größer. Während in den
Jahren zwischen 1830 und 1850 die Bevölkerung nur um 400 Personen, von
3800 auf 4200 anstieg, vermehrte sich die Zahl der Armen, die unterstützt werden
mußten, um die Hälfte. Besonders die vom Weinbau lebenden Bürger gerieten
durch die häufigen Fehlherbste oft in Not. Und die Auswanderer, deren Zahl
ständig wuchs, nahmen die Hilfe des Hospitals in Anspruch. In vielen Fällen
war die Not selbstverschuldet. Das geht aus dem Bericht des katholischen Stiftungsvorstandes
(Bürgermeister Wiedemer und Pfarrverweser Lumpp) vom
22. Mai 1850 hervor, der die Bevölkerung über die den Armen in den Jahren
1847 - 49 gewährten Unterstützungen unterrichtet. Darin ist zu lesen: es sei für
eine so kleine Stadt wie Offenburg ein Ruhm, so schöne Stiftungen aus der frommen
Vergangenheit ererbt zu haben, aber auch eine große Schande, auf diese
Wohltaten hin zu sündigen und das Erbe in gottvergessener Weise zu verzehren.
„Wieviele zehren schon Jahre lang vom hl. Andreas, die von ihrer Hände Fleiß
leben könnten, wenn sie nur wollten." Besonders tadelnswert sei das weibliche

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