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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
53. Jahresband.1973
Seite: 168
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kühlten Beziehung erkennbar werden. Wenn Emerich Geld zurückgibt, das nicht mehr
gültig ist, so wird es ihm als Kaufmann niemand verübeln54. Anders ist es jedoch, wenn
er Vogler, der in Straßburg wie üblich55 im „Gertenfisch" abgestiegen war, besucht, sich
aber weigert, mit ihm zu soupieren56.

Man könnte an andere Gründe denken, doch im Januar dieses Jahres deutet manches
darauf hin, daß auch Vogler an der Vertrauenswürdigkeit Emerichs zweifelte, als dieser
für ihn die Verhandlungen mit einem potentiellen Straßburger Käufer des Griesbacher
„Sauerbrunnens" führte57. Wenn solche Unstimmigkeiten vorhanden waren, so mochten
sie auf jenen latenten Spannungen beruhen, die das religiöse und politische Leben jener
Zeit bestimmen. In Straßburg war mit der französischen Herrschaft eine Einschränkung
der im reichsstädtischen Leben tief verwurzelten reformatorischen Kirchlichkeit gefolgt.
Exponenten des Rekatholizierungsprozesses waren die Jesuiten, mit denen Vogler beständige
, nicht nur interessengebundene Beziehungen unterhielt58. Diese Kontakte, in die
der reformierte Christ Emerich zuweilen aufgrund seiner Stellung als Vermittler hineingezogen
wurde, mußten ihm um so peinlicher werden, je doktrinärer das Vorgehen einzelner
, aus innerfranzösischen Jesuitenprovinzen kommender Kleriker wurde39. Vogler, der
diese Verquickung der religiösen und nationalstaatlichen Interessen erkennen mochte,
deren er sich in Wahrnehmung seiner eigenen nicht selten bedienen mußte, dürfte versucht
haben, Emerich diese jenseits des Geschäftlichen liegenden Ungelegenheiten zu ersparen
oder zumindest vermeintliche Mißverständnisse auszuräumen. Andernfalls wäre
es kaum zu erklären, wie Vogler Emerich bald nach jenen Zweifeln an seiner Zuverlässigkeit
zur Schutterner Fastnacht eingeladen hätte und dieser gekommen wäre, um
sich mit Vogler auszusprechen60. Hier mag, fern von den beobachtenden Blicken argwöhnischer
Mitbürger die Ungezwungenheit eines Verhältnisses sichtbar geworden sein,
das über schwere Jahre hinweg noch ebenso bestand wie damals, als Emerich zehn Jahre
zuvor den noch unerfahrenen Abt vielleicht zum ersten Mal in Schuttern besuchte und
drei Tage auf ihn wartete, bis er aus Griesbach angereist kam61. Dazwischen liegen Stunden
der Freude und der Trauer, die gegenseitige Verbundenheit schufen, wie sie sich
etwa in der Gratulation zu Emerichs zweiter Verheiratung ausdrückte62. Kleine Gefällig-

54 Tgb. 29. 3. 1697.

55 Vgl. die Tilgung einer Schuld beim Gertenfischwirt durch Emerich, wie sie der Brief v. 1. 2. 1697:
GLAKA 104/71 berichtet.

56 Tgb. 9. 5. 1699: „Diverti bei dem gertenfisch ubi me convenit D. Emerich renuens mecum coenare." Der
„Gertenfisch" lag nach A. Seyboth, Das alte Straßburg, Straßburg 1890, S. 184, Ecke St. Nikolausstaden-
Rabenplatz. Der Name ist nach A. Seyboth, Strasbourg historique et pittoresque etc., Strasbourg 1894,
p. 603 ein Musterbeispiel für volkstümliche Etymologie und läßt sich bis 1272 auf das Haus eines
„Fischers Gerhard" zurückverfolgen.

5" Tgb. 9. 1. 1699:„Respondent quoque D. Bartmann et Emerich hic accusando, ille excusando, ratione nuperi
facti et morae in solvendo, cui credam nescio."

58 Tgb. 2. 2.; 20. 3. 1689; 10. 5. 1699: „Hoc mane exspectavi D. Riccium secretarium D. Vic(arii) Gen(eralis)
qui ob spiritualia exercitia triduana inchoata egressum suum excusavit. Ne ergo omnino re infecta abirem,
adivi eumque in Seminario inveni, quocum de multis maxime de novo Vicar(io) Generali trans
Rhenano, de separatione a Congregat(ione) et litteris Romanis, de acidulis venditis etc. locutus, iussi ea
referre Vicario Generali redeunti, et veritatem contra malevolorum persuasiones attendere; inde lecto
sacro apud PP. Jesuitas in eorundem oratorio Rheda vectus circa mediam 3. pomeridianam, Deo sint
laudes, salvus et incolumis domi comparui." 1. 2. 1702.

59 Ingeborg Streitberger, Der königliche Prätor von Straßburg (1685—1789), Wiesbaden 1961, S. 87 f. 92.
Besondere Bedeutung kommt hierbei dem Werk des Rektors der Straßburger Niederlassung, P. Dez, zu,
den Vogler P. Deux nennt (Tgb. 20. 3. 1689): La Reunion des Protestans de Strasbourg ä l'Eglise Romaine
egalement necessaire pour leur salut et facile Selon leurs principes, Strasbourg 1687, 21689.

60 Tgb. 28. 2.; 3. 3. 1699.

61 Tgb. 15. 11. 1689.

62 Tgb. 8. 2. 1691 und Anm. 9.

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