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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
53. Jahresband.1973
Seite: 184
(PDF, 57 MB)
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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/ortenau1973/0186
Daß J. G. Müller den Vertrieb für einen Teil der Schweiz übernahm, war angesichts
seiner Beziehungen zu den angesehenen Schweizer Buchhändlern verständlich. Nach
Holland hatte er wahrscheinlich nicht nur Verbindungen aus seiner Zeit in Kleve und
Düsseldorf, sondern möglicherweise spielten auch verwandtschaftliche Beziehungen eine
Rolle16.

Kehl als wirklicher und fingierter Druckort

Während Schwetschke17 für 1784 die Typographische Gesellschaft in Kehl mit 17 und
für 1785 mit 18 französischen Titeln anführt, fand sich in den Meßbüchern von 1785
lediglich ein deutscher Titel, ohne daß ich damit weitere ausschließen möchte. Zur Zuverlässigkeit
der Meßkataloge bemerkt Goldfriedrich18, daß sie aus verschiedenen Gründen
teils zu wenig, teils zu viel enthielten: „Nicolai schätzte, daß er bei weitem nicht die
Hälfte der Erscheinungen verzeichne."

Bei den bisher aufgeführten Werken war Kehl tatsächlicher Druckort, wobei die Stadt
keinesfalls erstmals mit Druckerzeugnissen in Erscheinung tritt. So hatte Prätor Klinglin
1723 darauf verwiesen, daß das Verbot irgendeiner Publikation in Straßburg keinen
Wert habe, „weil alle verbotenen Schriften umso sicherer in Kehl gedruckt wurden"19.

Schwierig ist die Erfassung Kehls als Druckort, wenn die Bücher-Lexika keine Angaben
bringen und es sonst keine Anhaltspunkte gibt. Eine Weglassung des Druckorts oder die
Angabe fiktiver Orte steht meist im Zusammenhang mit der Bücherzensur20.

Die „Societe" ließ nicht nur ihre Hauptwerke ohne Angabe des Druckortes erscheinen,
sondern beispielsweise auch andere Schriften von Voltaire21, mit denen sie Schwierigkeiten
hatte:

Voltaire, Fr. Mar. Arouet de. La Henriade suivie de quelques autres poemes. (Kehl), societe litter. et
typographique, 1789, gr. 4. Velp.

— la pucelle, poeme, suivi des contes et satires. (Kehl), societe litt, et typogr., 1789, gr. 4. Velp.

Als Druckort ist auf den vier Bänden Wien angegeben. Mit Wien pflegte er jahrelang Geschäftsbeziehungen
; so konnte man sich in der Gegend des Oberrheins und der Schweiz beispielsweise wegen einer
Pränumeration von Blumenauers sämtlichen Gedichten an ihn wenden (1786). Es würde zu weit führen,
seine weitverzweigten Geschäftsverbindungen aufzuführen.

16 Um 1774 war der am 10. 9. 1751 in Ostelsheim geborene und zuletzt in Calw ansässige Christoph
Friedrich Beerstecher nach Amsterdam ausgewandert, wo er als Handelsmann lebte (nach Unterlagen von
H. C. M. Beeerstecher, Rotterdam). Er wurde der Gründer des heute noch blühenden Zweiges der
Familie Beerstecher in Holland. Sein Enkel Willem Fredrik Cornelis, geb. 1833 in Amsterdam, war zuerst
im Buchhandel tätig und sein Enkel Louis Henri, geb. 1836 in Amsterdam, war über vierzig Jahre Redakteur
beim Nieuwe-Rotterdamsche Courant. Der Großvater des Christoph Friedrich Beerstecher war
Johann David Beerstecher, geb. am 12. 10. 1763 in Holzelfingen, zuletzt Unter-Bürgermeister in Tübingen;
dessen Bruder Johann Julius, Bürgermeister in Herrenberg (vgl. Die Ortenau 52 [1972], S. 225) war der
Urgroßvater von Johann Gottlieb Müller (Bärstecher) in Kehl.

17 Gustav Schwetschke, Codex nundinarius Germaniae Literatae bisecularis. Nieuwkoop 1963 (Nachdruck der
Haller Ausgabe 1850—1877).

Dazu Dr. Adalbert Brauer, Archivar des Börsenvereins des deutschen Buchhandels, Frankfurt (Mitt. v.
30. 4. 73): „Ich habe den Eindruck, daß er, zumindest im zweiten Band seiner Arbeit (1765—1846, 1877
erschienen), nicht nur die Meßkataloge benutzt hat, auch die Kataloge von Georg Conrad Walther-
Dresden, von Andrae-Frankfurt, auch deren Ausgaben für Prag und Wien, so daß er mehrfach zu
höheren Ziffern kommt, als wie die Meßkataloge von Weidmann angeben."

18 Goldfriedrich, a. a. O., S. 537.

19 Ingeborg Streitberger, Der königliche Prätor von Straßburg 1865—1789, Wiesbaden 1961, S. 252. Unzutreffend
deshalb auch die Angabe bei Faulmann, Illustrierte Geschichte der Buchdruckerkunst, 1882,
S. 446, der für Kehl als Jahreszahl der Einführung der Buchdruckerkunst 1785 nennt.

20 Vgl. dazu Emil Weller (Anm. 19).

21 Eben, Bd. II, Sp. 1066.

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