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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
53. Jahresband.1973
Seite: 187
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denen Provinzen würden unterwegs entfernt und durch andere ersetzt38. Dazu kam, daß
man auf den Zollbegleitscheinen Straßburg als Ort der Ladung angab und erst auf nachdrückliches
Drängen von Hermann die falsche Eintragung berichtigte.

Direktor der „Societe" in Kehl war in jenen Jahren der ehemalige Kriegskommissar de
la Hogue, der im Januar 1785 den im Vorjahr ausgeschiedenen Le Tellier abgelöst hatte.
Nachdem Le Tellier alle seine wirklichen und vermeintlichen Rechte an der Druckerei
in Kehl und ihren Nebenbetrieben, wozu auch die drei Papiermühlen in Lothringen gehörten
, am 20. Dezember 1784 formell an Beaumarchais abgetreten und auf alle Ansprüche
verzichtet hatte, machte er seinem Nachfolger später die Leitung der „Societe"
in Kehl mit allen Mitteln streitig; dabei schreckte er weder vor einer Aufwiegelung der
Arbeiter noch vor Handgreiflichkeiten zurück. Bei einer komplizierten Rechtslage entschied
aber das Hofgericht im Prozeß zwischen beiden zugunsten von de la Hogue,
daß das Etablissement stets Eigentum von Beaumarchais gewesen sei39. Mit Beschluß
vom 8. September 1785 wurde das Privileg auf „Caron de Beaumarchais, Jaques
Gilbert de la Hogue & Compagnie" übertragen. Aus einer Stellungnahme des Geheimrats
Volz vom gleichen Tage wird noch einmal deutlich, daß die geheime Zensur in
Karlsruhe das wenigste von dem erfuhr, was in Kehl gedruckt wurde; wer und was die
ordinäre Zensur besorgen müsse, sei ihm so wenig als Beaumarchais bekannt. Unter diesen
Umständen hatte sich die Wahl Kehls als Druckort zweifellos gelohnt. Ob sich Beaumarchais
persönlich um die Organisation des Bücherschmuggels durch Straßburg gekümmert
hat, ist unbekannt; er hatte Kehl am 9. November 1784, also wenige Monate vor dem
neuen Erlaß, der ihm möglicherweise vorher zur Kenntnis gelangte, besucht, und dann
wieder Ende April 1786, nachdem er im September 1785 vom Markgrafen nach Karlsruhe
eingeladen worden war. Immerhin spricht Bücherinspektor Hermann in einem Schreiben
vom 11. Mai 17 8 640 die Vermutung aus, daß Beaumarchais anläßlich seiner Anwesenheit
in Kehl den Versand aktiviert habe. Man war in Straßburg davon unterrichtet, daß
mehrere Transporte bevorstanden.

Die „Societe" schloß 1789 ihre beiden Hauptwerke ab und brachte noch im gleichen Jahr
„La Henriade" und „La Pucelle" heraus. Bei Aufhebung des Bestandsvertrages im Jahre
1791, der bis zum 1. Januar 1801 laufen sollte, wurde der Gesellschaft noch eine großzügige
Abfindung für Verbesserungen an den alten Gebäuden sowie für neue Aufwendungen
in Höhe von 13 200 Gulden gewährt, nachdem de la Hogue sich mit den angebotenen
12 000 Gulden nicht zufrieden gegeben hatte41. Für Beaumarchais begannen die
schicksalsschweren Jahre der Revolution, die ihn schließlich in die Armut und das Elend
der Emigration nach Deutschland verbannte, aus der er am 5. Juli 1796 nach Frankreich
zurückkehren durfte. Wenige Jahre später stirbt er am 17. Mai 1799.

Auch für Johann Gottlieb Müller, der so eng mit der „Societe" verbunden war, blieb
die Französische Revolution nicht ohne leidvolle Auswirkungen. Nach einem amtlichen
Bericht42 emigrierte er nach Ulm, „weil ihm sein Haus ganz zusammengeschossen wurde".
Wir wissen nicht, wann Müller seinen Wohnsitz in Ulm nahm; seine Waren ließ er schon
im Herbst 1792 vor der Beschießung Kehls im September 1793 wegschaffen. Als zuverlässige
Daten fanden sich jetzt lediglich Eintragungen im Totenbuch des Ulmer Münsters
beim Evangelischen Kirchenregister in Ulm43. Die Familie Müller war in Ulm von einem
harten Schlag betroffen worden: Am 16. Juli 1796 starb seine in Kehl geborene vierjährige
Tochter Henrietta Louisa, am 8. August 1796 sein drei Monate altes Kind Wilhelm
Heinrich und am 10. August des gleichen Jahres sein in Kehl geborener sechsjähriger
Sohn Karl Wilhelm.

38 StA St. AA 2357/37.

39 GLA 207/104, Hofgerichts-Protokoll vom 1. 2. 1786.

40 StA St. AA 2357/43.

41 GLA 207/104, Geh. Rats-Protokoll vom 1. 8. 1791.

42 Die Ortenau 52 (1972), S. 246.

43 Nach freundl. Mitt. von Stadtoberarchivrat Dr. Specker, Ulm, vom 10. 10. 1972.

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