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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
53. Jahresband.1973
Seite: 230
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besuch katastrophal aus. Aus reiner Opposition gegen den Geistlichen gingen die
meisten Diersheimer regelmäßig zum Linxer oder Rheinbischofsheimer Gottesdienst
.

Not- und Freiheitsdrang förderten auch die Auswanderung. Von 1846-1855 wanderten
120 Diersheimer aus. Das sind nur die Auswanderer mit amtlicher Genehmigung
. Die vielen Flüchtlinge aus Furcht vor Strafe können nicht mehr erfaßt
werden.

Müller Johann Georg Hummel

Eine Diersheimer und zugleich auch Führerpersönlichkeit des ganzen Hanauerlandes
müssen wir besonders herausstellen. Es war dies der am 8. 6. 1806 geborene
Johann, Georg Hummel. Er war Müller wie sein Vater. Das Müllergeschlecht
der Hummel betrieb die Diersheimer Mühle in 9 Generationen von 1640 bis 1899.
Georg Hummel war begabt und hatte sich eine vielseitige Bildung erworben, als
er in das öffentliche Leben eintrat. Der Mühlenbetrieb wurde durch seinen Vater
vorbildlich weitergeführt, darum konnte sich der geistig regsame Sohn anderen
Gebieten zuwenden. 1836, in der Zeit, in der die Ablösung der Feudallasten auf
dem Rathaus einen klugen Kopf erforderte, wurde er Ratschreiber in Diersheim.
Schon 1838 hat man ihn zum Bürgermeister gewählt. 1844 legte er freiwillig dieses
Amt nieder und widmete sich von da an ganz dem politischen Leben. 1846
erscheint er unter den Landtagskandidaten des Kreises, konnte aber den seitherigen
Abgeordneten, Kronenwirt Dörr von Rheinbischofsheim nicht verdrängen.
Nun geriet er ganz in das Fahrwasser der radikalen Partei. In Diersheim und
vielen anderen Orten des Hanauerlandes gründete er „Volksvereine", die der politischen
Aufklärung dienten. Die Diersheimer Bürger schlössen sich ihm an bis
auf die sieben unter Führung von Pfarrer Sachs, der selber lebenslang sein politischer
Gegner blieb.

Weil das Land nach der Flucht des Großherzogs nach Lauterburg am 13. Mai 1849
ohne Regierung war, schrieb die provisorische Regierung zu Karlsruhe Wahlen zu
einer badischen Nationalversammlung aus. Bürgermeister Roos von Kehl und
Georg Hummel von Diersheim zogen als Vertreter des Hanauerlandes in Karlsruhe
ein. Nach dem Zusammenbruch der Revolution floh Hummel zu seinen
Freunden nach Straßburg. Sein Gesuch um freies Geleit nach Rheinbischofsheim,
wo er sich vor dem Amt verantworten wollte, wurde vom Badischen Justizministerium
abgewiesen. In der Karlsruher Zeitung erschien ein Steckbrief gegen
ihn. Dadurch war er „vogelfrei". Jeder konnte sich Geld verdienen, wenn er ihn
der Behörde in die Hände spielte, machte sich aber auch strafbar, wenn er ihm
irgendeine Hilfe bot. Trotzdem kam Hummel öfter nachts herüber, nach den
Seinen zu schauen. Die Sage vom „Schimmel auf der Breitenwörtbrücke" verdankt
diesen nächtlichen Ritten ihre Entstehung.

Das Hofgericht zu Bruchsal verurteilte ihn unterm 26. 11.1849 in Abwesenheit
zu 8 Jahren Zuchthaus und zugleich gesamtverbindlich für 3 Millionen Gulden

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