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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
53. Jahresband.1973
Seite: 244
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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/ortenau1973/0246
Institutionalisiertes Totengedächtnis im mittelalterlichen
Oberkirch — Anniversar und Kaplanei

Von Dieter Kauß

Die vor kurzer Zeit erfolgte feierliche Einweihung der neuen Friedhofskapelle und die
Erweiterung des Friedhofes in Oberkirch, sowie die intensive Beschäftigung mit volkstümlichen
Vorstellungen um Tod und Begräbnis in Zeugnissen der Frömmigkeitsgeschichte1
waren der Anlaß dazu, im Bereich des mittelalterlichen Oberkirch nach den Formen des
Totengedächtnisses zu forschen. An dieser Stelle sollen von den verschiedenen und vielfältigen
Arten des Totengedächtnisses2 nur zwei herausgegriffen werden, die als institutionell
gelten können, d. h. sie wurden zu einem bestimmten Zeitpunkt, zu einem bestimmten
Zweck sowie in einem besonderen Rechtsakt durch Urkunde oder Eintrag in
dazu vorgesehene Bücher fixiert: Anniversar und Kaplanei. Dabei geht es vor allem um
die Anstrengungen der Lebenden, etwas zur Erinnerung und zum Seelenheil der Verstorbenen
zu tun. Dieser Wunsch resultiert aus zwei Verhaltensweisen, die im Alten und
Neuen Testament3 grundgelegt sind und schon im frühen Christentum unseres Raumes
bekannt4 waren: dem Schenken und Gedenken in der Form, daß der Gläubige Opfer
darbringt und der Priester der Toten fürbittend gedenkt.

Das Jahrgedächtnis oder das Anniversar gehört in die Reihe der kirchlichen Totenge-
dächtnistage (Begräbnistag, Dritter, Siebter und Dreißigster Tag5), von denen bis in die
Neuzeit praktisch nur noch der Begräbnistag und das Jahrgedächtnis tragend blieben.
Die Feier der Jahrzeit6 als Gedenken an den Toten anläßlich des Jahrtages seines Todes
oder Begräbnisses ist in ihrer Existenz seit dem dritten Jahrhundert faßbar. Für sie ist

1 Mit diesem Thema beschäftigte sich eine Übung im Rahmen der Theologischen Fakultät der Universität
Freiburg im Wintersemester 1972/73, die zusammen mit dem Akadem.-ORat für Religiöse Volkskunde
Dr. K. Welker (vgl. dessen Aufruf in der Ortenau 52, 1972, S. 257/258) gehalten wurde.

2 Es sei hier nur auf die Arten und Formen des Totengedächtnisses nach dem Ort des Begräbnisses —
Grab, Kirchhof, Kirche, Beinhaus — oder aber nach der Zeichenhaftigkeit — Flur- und Feldkreuze,
Bildstöcke, Relieftafeln, Grabsteine, Totenkapellen, Totengrüfte und Martyrerkirchen — sowie im Zusammenhang
mit dem kirchlichen Totengedächtnis — Begräbnistag, Dritter, Siebter, Dreißigster Tag —
hingewiesen. Vgl. dazu die neueste und historische Darstellung aus dem Trierer Raum: N. Kyll, Tod.
Grab. Begräbnisplatz. Totenfeier. Bonn 1972 (Rheinisches Archiv 31J.

3 Vgl. 2 Makkabäer 12,45; Lukas 16,9.

4 z. B. in den Stammesgesetzen der Alemannen (Lex Alemannorum zu Beginn des 8. Jahrhunderts in Artikel
1.2. Vgl. K. A. Eckhardt, Leges Alamannorum. II. Recensio Lantfridana. Witzenhausen 1962, S. 24/25)
und der Bayern (Lex Ende des 7. / Anfang des 8. Jahrhunderts, Cap. I. 2.3. Vgl. K. A. Eckhardt, Die
Gesetze des Karolingerreiches 714—911. Band II. Weimar 1943, S. 79); ebenso auch in einem Brief
Gregors III. an Bonifatius aus dem Jahre 732 (vgl. R. Rau, Briefe des Bonifatius . . . Darmstadt 1968,
Nr. 28, S. 100/101).

5 Vgl. N. Kyll, Tod. Grab S. 127—137.

6 Vgl. N. Kyll, Tod. Grab S. 149—155; H. Lentze, Begräbnis und Jahrtag im mittelalterlichen Wien, in:
ZSavRG kan. Abtl. 36, 1950, S. 350/351; K. J. Merk, Die meßliturgische Totenehrung in der römischen
Kirche. Stuttgart 1926, S. 102—107; Dictionnaire de droit canonique. Tome I. Paris 1935, S. 554—557;
Dictionnaire d'archeologie chretienne et de liturgie. Tome IV. 1. Paris 1920, S. 427—456, bes. 453.

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