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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
53. Jahresband.1973
Seite: 249
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Sind dies Besonderheiten, oder steht Oberkirch damit innerhalb der Verhältnisse seiner
Zeit? Ein Vergleich mit den Jahrzeitstiftungen im Bereich des Bistums Straßburg zeigt,
daß dort seit der Mitte des 13. Jahrhunderts bis zum Beginn des 14. Jahrhunderts die
Jahrtage durchweg an Klöster oder an das Domkapitel52 gestiftet wurden. Eine Spezifizierung
des Gottesdienstes ist ebenfalls kaum greifbar. Das Gängige waren auch die Vigi-
lien und die Totenmesse53. Ebenfalls nur einmal54 ist eine Armenspende genannt und am
Jahrtage eine reichere Verpflegung des betreffenden Konvents. Ein Vergleich mit der
städtischen Siedlung Freiburg55 bestätigt dieses gewonnene Bild. Hier setzen die Jahrzeitstiftungen
Ende des 12. Jahrhunderts ein. Sie wurden ausschließlich den Klöstern der
Stadt und der Umgebung vermacht. Auch die Spitäler werden bedacht. Die sich in Oberkirch
nur an zwei Beispielen offenbarende Vielheit der Nebenwirkungen (Armenunterstützung
und Salve-Andacht) zeigen sich am Beispiel Freiburgs deutlicher. Meistens profitiert
der Konvent oder das Spital durch eine bessere Speisung mit Fisch, Weißbrot und
Wein56, oder mit Ferkelfleisch und Fisch57. Bei den Stiftungen an Spitäler werden ohnehin
die Armen und die Siechen bedacht58. Die gängige Jahrtagsfeier bestand auch aus
den Vigilien und der Totenmesse59. Ähnliches zeigt sich in der Reichsstadt Ulm60, um
ein Beispiel aus dem südwestdeutschen Raum anzuführen, und auch in Wien61, um die
vorderösterreichische Situation Freiburgs betont fortzusetzen. In der letztgenannten Stadt
wird das ganze Spektrum der Nebenstiftungszwecke von Seelgeräten ersichtlich. Hier
werden Seelgeräte gestiftet zum Bau von Kirchen, zur Anschaffung von Glasfenstern, zur
Beschaffung von Ornaten und kirchlichen Geräten, zur Beschaffung des Ewigen Lichts,
für Bruderschaften und deren liturgische sowie soziale Belange, für die Ausbildung der
Weltgeistlichen, für Wallfahrten am betreffenden Jahrtag anstatt der Messen, für Straßen-
und Brückenbau, für Söldner gegen die Hussiten, für die Spitäler und die Armen, für
liturgisch-gottesdienstliche Ergänzungen wie Salve-Regina-Andachten, Tenebrae-Andach-
ten in der Karwoche62. Im Vergleich zu diesen reichhaltig motivierten Stiftungen sind die
Jahrzeiten in Oberkirch mit der Armenunterstützung und dem gesungenen Salve geradezu
kläglich; damit zeigen sie aber den Unterschied zwischen einer kleinen bischöflichen Landstadt
und einer großen Residenz von damaligem Weltrang.

Die Jahrzeitstiftungen in Oberkirch gehen nicht mit dem Mittelalter zugrunde, sondern
sie werden in der Neuzeit weitergepflegt. So sind uns zwei Anniversarienlisten von gestifteten
Jahrtagen von 1500-1848 überliefert. Zugleich besitzt das Pfarrarchiv Oberkirch63
Anniversarstiftungsurkunden von 1810-1948. Man stellt mit Freude und Uber-
raschung fest, daß die Anniversarien von 1747 an wohl noch alle überliefert sind. Der
„Libellus anniversariorum in Oberkirch, oberdorff et Lautenbach celebrandorum", der
auch die in Gaisbach, Wolfhag und ödsbach gestifteten Jahrtage umfaßt, gibt uns als
ältestes Buch einen hervorragenden Einblick. Sein Nachfolger ist das von Pfarrer C.

52 Vgl. in den Regesten der Bischöfe von Straßburg. Band II. Innsbruck 1924 die Nummern: 905, 1291,
1348, 1467, 1512, 1742, 1744, 2018, 2056, 2139, 2320, 2502, 2551.

53 A. a. O. Nr. 1512.

54 A. a. O. Nr. 2056.

55 Hier sollen wegen der Fülle nur die Jahrzeitstiftungen des 13. Jahrhunderts im Vergleich gesehen werden.
Hierzu: F. Hefele, Freiburger Urkundenbuch. Band I und II. Freiburg 1940 und 1951. Die spätere Zeit
weicht davon inhaltlich nicht wesentlich ab.

56 Freiburger Urkundenbuch. Band I, S. 148, 326; Band II, S. 55, 222, 295, 296.

57 A. a. O. Band II S. 55.

58 A. a. O. Band I S. 221, 246; Band II S. 208, 265, 328.

59 A. a. O. Band II S. 55.

60 Vgl. G. Geiger, Die Reichsstadt Ulm vor der Reformation. Ulm 1971. (Forschungen zur Geschichte der
Stadt Ulm. Band 11) S. 168/169.

61 Vgl. H. Lentze, Begräbnis S. 350—354.

62 Vgl. H. Lentze, Das Seelgerät, S. 35—103; dort auf S. 36 weitere vergleichende Literatur.

63 Pfarrarchiv Oberkirch. XXIV. Stiftungen und Steuern, a) Stiftungen von Andachten und Anniversarien
zum Kirchenfond. I. Teil.

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