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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
53. Jahresband.1973
Seite: 250
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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/ortenau1973/0252
Wirsner 1868 aufgestellte „Verzeichnis der gestifteten hll. Messen und Ämter". Es umfaßt
wie der „Libellus" denselben Bereich des kirchlichen Raumes von Oberkirch. Nur
vier Jahre später wurde der „Hauptausweis über gestiftete Anniversarien und Heilige
Messen" erstellt. 1915 ergänzte der spätere Pfarrer von ödsbach, J. Zapf, die Jahrzeitsverzeichnisse
in der „Handliste zur Abhaltung der gestifteten Jahrtage in der Pfarrei
Oberkirch", der eine erneute Handliste von 1920 folgte. Die endgültigste und neueste
Liste der Anniversarien liegt im „Hauptausweis über die gestifteten Anniversarien in der
Stadtpfarrei Oberkirch. Dekanat Offenburg. 1921" vor. Dieser Hauptausweis beinhaltet
Jahrzeitstiftungen von 1724-1968 und umfaßt 498 Nummern. Damit ist eine große Entwicklungsgeschichte
bemerkbar: Während im Mittelalter für den Oberkircher, bzw. Allerheiliger
Raum etwa 19 Stiftungen von Adeligen und Bürgern nach Urkundenbelegen ausgemacht
und in dem Allerheiliger Anniversar aus der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts
auf 27 erweitert werden konnten, zeigt ein lückenloser Nachweis für die kommenden
vier Jahrhunderte die große Anzahl von beinahe 500 gestifteten Jahrtagen. Die gute
Quellenlage läßt es zu64, daß die Geschichte der Anniversarienstiftungen im Oberkircher
Raum auch in der Neuzeit verfolgt werden kann.

Die Kaplanei

Neben den Jahrzeitstiftungen wurde die Errichtung einer Kaplanei zum Totengedächtnis
erwähnt. Es handelt sich dabei um eine Art der Präbenden ohne Seelsorge65, die für das
eigene Seelenheil, wie auch für das der Vorfahren und Nachkommen gestiftet wurde. Der
Inhaber dieser Pfründe hatte täglich eine heilige Messe zu lesen und war in der Regel
nicht am Pfarrgottesdienst und an der Pfarrseelsorge beteiligt. Die Stiftung oder Schenkung
von Grundbesitz, Kapitalien und Zinsen bildete den Ertrag der Pfründe und gleichzeitig
die Existenzgrundlage für den Kaplan. Demnach kamen die Stifter aus dem Adel,
dem reichen Bürgertum und aus der Geistlichkeit. Auch „Kollektivorgane" wie Bruderschaften
, Stadt- oder Dorfgemeinden tauchen unter den Stiftern auf. Der Anfang der
Kaplaneien liegt im Beginn des 13. Jahrhunderts. Spätestens im 18. Jahrhundert sind sie
aufgelöst. Betrachtet man die Kaplaneien im liturgisch-gottesdienstlichen Bereich, so ist
deren Bedeutung im Laufe der Zeit gering66. Besieht man sie jedoch als Institution des
Totengedächtnisses, sind sie wohl deren Höhe- und Endpunkt, denn sie werden auf „ewige
Zeiten" gestiftet und bieten dem Stifter die Gewähr, daß täglich für ihn gebetet wird
und seine Seele die Früchte des Meßopfers genießt. Im Gegensatz zu den Jahrzeiten war
aber die Stiftung einer Kaplanei wegen der notwendig hohen Dotierung nicht allen Kreisen
der Bevölkerung offen, sondern nur den besitzenden Schichten vorbehalten.

Für den Bereich des mittelalterlichen Oberkirch war bisher eine solche Kaplanei nicht
bekannt. Und doch stifteten 1339. VI. 17 Heinrich Robart, Schultheiß in Oberkirch, und
seine Frau Elsa eine Kaplanei auf den Altar, der in der durch diese Eheleute neu errichteten
Kapelle - an der Pfarrkirche in Oberkirch angebaut - aufgestellt war. Dieser Altar
war den hll. Johannes Baptist und Evangelist sowie der hl. Katharina geweiht. Auch
diese Stiftung geschah zur Mehrung des Gottesdienstes und zum Seelenheil der Eltern
und Vorfahren der Stifter. Es war eine Priesterpfründe, für die vom Kloster Allerheiligen
speziell ein Konventuale abgestellt werden mußte, der „an jenem Altare jeden Tag in der
Frühe mit leiser Stimme die Messe zu lesen" hatte. In dieser Messe muß er der Gattin,
der Eltern und Vorfahren speziell gedenken und sie Gott anempfehlen. In späterer Zeit

64 Alle die angeführten Listen und Bücher befinden sich ebenfalls in dem Pfarrarchiv Oberkirch, das leider
nicht mehr das mittelalterliche Seelbuch enthält.

65 Vgl. W. Müller, Die Kaplaneistiftung (praebenda sine cura) als spätmittelalterliche Institution, in: Von
Konstanz nach Trient. Festgabe für A. Franzen. München/Paderborn/Wien 1972, S. 301—315; D. Kauß,
Mittelalterliche Kaplaneistiftungen an den Pfarrkirchen der Ortenau, in: Ortenau 52, 1972, S. 106—121;
ders., Kaplanei und Kirche in Hönau, in dieser Zeitschrift S. 28—33.

66 W. Müller, Die Kaplaneistiftung, S. 314/315.

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