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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
54. Jahresband.1974
Seite: 43
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liehen und sozialen Bindungen, wobei allzu oft ein einseitiges, kurzsichtiges
Rentabilitätsdenken von Seiten der Geschäftswelt in den Vordergrund
gespielt wird.4

Sicherlich fehlt es dem modernen Handels- und Dienstleistungsgewerbe
oftmals an sinnvollen Entwicklungsmöglichkeiten innerhalb der Altstadt.
Es darf jedoch nicht vergessen werden, daß bei einem starken Bevölkerungszuwachs
der Stadtorganismus innerhalb der historischen Umwallung
nicht zugunsten einer Funktion ausgebaut werden kann.

Auch die gesamte Infrastruktur liegt bei der sprunghaften Entwicklung
der sechziger Jahre im argen und führte letztlich zu einer Häufung von
Funktionsstörungen. Verschiedene städtische Kernbereiche zeigen deshalb
Ansätze zur Verödung. Die Beseitigung der Mißstände setzt aber die Zerstörung
der Monostrukturen voraus. Das Konzept der Funktionsteilung —
etwa nach der „Charta von Athen" — ist wieder durch das Konzept der
Funktionsmischung zu ersetzen.5

Nur auf diese Weise wird man der Altstadt und ihren charakteristischen
Aufgaben gerecht.

Trotz dieser Erkenntnis werden weiterhin die Wohnungen aus den Stadtzentren
verdrängt, wobei gerade auch in einzelnen Kleinstädten dieser
Trend immer häufiger zu beobachten ist.

Mit der Zunahme der Umweltbeeinträchtigungen beginnt die Abwertung
der Altstadt und damit die Ausfilterung der wohlhabenden Bürger, die ihr
Glück in Reihenhäusern oder Bungalows der monotonen Stadtrandsiedlungen
suchen. Die Altstadtwohnung wird aus wirtschaftlichen Überlegungen
den sozial Schwächeren, den Gastarbeiterfamilien überlassen. Das
Renditedenken führt dann bei mangelnder Bauunterhaltung von ständig
steigenden Bodenpreisen letztlich zur Zerstörung der historischen Strukturen
— und zwar nicht nur der gebauten Strukturen —, da kapitalstarke
Kreise nur noch Dienstleistungsbetriebe im Zentrumsbereich ansiedeln.

Parallel zu dieser bedauerlichen Fehlentwicklung verläuft der kontinuierliche
Abbau der innerstädtischen Erholungsfunktionen. Die grüne Oase
weicht einem Lagergebäude, der Spielplatz — falls vorhanden — ist längst
überflüssig und findet als Parkplatz eine neue Zweckbestimmung. Selbst
den alten, aber noch gesunden Bäumen sagt man den Kampf an, denn das
ruhende „Blech", als notwendiges Übel unserer fortschrittlichen Gesellschaft
, verlangt weiterhin seinen Tribut.

4 Noch deutlicher artikuliert werden diese Überlegungen im „Manifest für Architektur 1973" (Aktuelles
Bauen Nr. 1, 1974, S. 34), das von namhaften deutschen Architekten wie Alexander Freiherr v. Branca,
Walter M. Förderer und Hans Kammerer herausgegeben wurde. Hier heißt es: „Täglich wird wertvolle
städtebauliche Substanz wirtschaftlichen Interessen geopfert oder aus Ignoranz vernichtet. Täglich
wird unsere gebaute Umwelt häßlicher, trostloser, deprimierender. Dennoch ist die Öffentlichkeit
gleichgültig und die Politik gleichgültig an der Beseitigung dieses ZuStandes."

5 Peter Zlonicky, Probleme der Altstadtsanierung 1973.

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