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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
54. Jahresband.1974
Seite: 128
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führt; Christus selbst ergreift „einem Einhorn gleich die eine Herrschaft
über alle Reiche" (Origenes). Mit seinem Horn reinigt das Tier das von
der Schlange vergiftete Wasser und ist somit ein Hinweis auf den Heiland
, der die Welt von Sünden erlöst. Als Sinnbild der Reinheit und
Keuschheit wurde das Einhorn zu einem Mariensymbol.

Die mittelalterliche Medizin, die mit recht eigenartigen Stoffen, mit
Mumienteilen und selbst mit Exkrementen ihre Mixturen bereitete,
machte sich den Glauben und Aberglauben vom „unicornis" zunutze. Ein
schwunghafter Handel mit dem Horn indischer Nashörner (in Süd- und
Ostasien als Medikament und Aphrodisiacum äußerst geschätzt), mit
Bruchstücken ausgegrabener Mammutstoßzähne sowie auch mit den
Stoßzähnen des Narwals sorgte dafür, daß den Apotheken das aus dem
„Einhorn" gewonnene und für die Zubereitung von Salben und Heilwässerlein
so wichtige Pulver nicht ausging. Als heilkräftiger Gegenstand
befand sich so ein Horn im Straßburger Domschatz; von ihm wird
berichtet, daß sich der Domherr Rudolf von Schauenburg 1380 heimlich
die Spitze als unheilabwehrendes Amulett absägte.17

Beim Einhorn zeigt es sich, daß gewisse Namen bestimmte Assoziationen
hervorrufen. Für den Menschen der Spätgotik und der Renaissance war
dieses Tier eine Realität, auch wenn er es nie zu Gesicht bekam. Der
Name allein schon schien ihm das Heil von Leib und Seele zu verkünden.
Daran änderte sich zunächst auch nicht viel, als im 17. Jahrhundert im
naturwissenschaftlich-medizinischen Schrifttum neben dem weiter
fixierten Glauben an die Existenz des Einhorns sich auch unüberhörbar
die Skepsis zu Wort meldete. Die älteste nachweisbare Apotheke unter
dieser Bezeichnung ist in Speyer und geht auf das Jahr 1457 zurück.
Möglicherweise ist die zwischen 1720 und 1740 im Barockstil erbaute
Offenburger Einhorn-Apotheke nicht viel jünger, ist sie doch auf älteren
Mauerresten errichtet; auch fand man kürzlich bei einer Grabung verschiedene
Überreste, u. a. eine Münze, aus spätgotischer Zeit. In der
Bundesrepublik gibt es — nach dem Stand von 1968 — immerhin 106
Einhorn-Apotheken.18

Hirsch-Apotheke

(Kehl, Lahr-Dinglingen, Offenburg)

Die ältesten Hirsch-Apotheken dürften auf den Namen des die Offizin
aufnehmenden Hauses zurückgehen. Als Beispiel diene die 1268 in
Straßburg in unmittelbarer Nähe des Spitals im Haus „zum güldinen

17 Rüdiger Beer: Einhorn. Fabelwelt und Wirklichkeit. München 1972, S. 162 f.

18 Vgl. dazu S. Gutmann: Deutsche Einhorn-Apotheken. 2 Teile Ettlingen (Arzneimittelfabrik Spitzner)
1968.

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