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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
54. Jahresband.1974
Seite: 130
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erscheinenden Hirsches mit dem Kreuz im Strahlenkranz. Wenn bei der
nach dem 2. Weltkrieg in Kehl eröffneten Hirsch-Apotheke der in der
Nähe befindliche Hirsch-Graben und das schräg gegenüberliegende Gasthaus
„Hirsch" zu dieser Namensgebung führten, dann dürfte dies durch
gewisse Reminiszenzen an die Bedeutung des alten Apothekenemblems
nur noch unterstützt worden sein.

Löwen-Apotheke
(Baden-Baden, Lahr)

Als Symbol der Stärke wurde der Löwe im alten Orient zu einem Bild
königlicher Macht, ja des Königs selbst. Durch den Schrecken, den das
Tier verbreitete, gewann es apotropäische Bedeutung. Man glaubte, daß
seine Natur dem Feuer wesensverwandt sei; aus seinen Augen erstrahlt
das Feuer der Sonne in gleichsam animalischer Kraft. In Altägypten galt
das Tier als Erscheinungsform des Sonnengottes. Zum Verständnis der
christlich-mittelalterlichen Löwensymbolik muß auf den Physiologus
hingewiesen werden, jenes in Alexandrien entstandene Tierbuch, in
dem antike Naturerkenntnis mit der christlichen Heilslehre verknüpft
wurde. Da ist zunächst bemerkenswert, daß der Löwe schläft und doch
wachsam ist (daher seine Funktion als Wächter bei Türeingängen!).
Weiter heißt es, daß die Löwin ihr Junges tot zur Welt bringt, daß es
aber sein Vater am dritten Tage durch seinen Atem erweckt, wie auch
Jesus Christus von den Toten auferweckt wurde.21 Wenn in der romanischen
Plastik der Löwe als Wasserspeier oder als Träger des Taufbeckens
auftritt, so zeigt sich hierin seine Bedeutung als Lebenssymbol.
Das Löwengleichnis des Physiologus wird bei Konrad von Würzburg in
seiner „Goldenen Schmiede" geradezu zu einem österlichen Heilsbild: Wie
der alte Löwe durch sein Brüllen den jungen Leu ins Leben einführt, so
werden die Verstorbenen durch den Todesschrei des am Kreuz sterbenden
Heilands auferweckt.

Im Zauber und in der Volksmedizin spielen der Löwe und seine einzelnen
Teile eine beachtliche Rolle. Das Löwenfell sollte seinem Träger des
Tieres Kraft vermitteln. Der römische Schriftsteller Plinius führt in
seiner „Naturalis historia" Löwengalle als Augenheilmittel an. In Johann
Schröders „Chymische Apotheke" (Nürnberg 1685) wird das in Spiritus
destillierte Gehirn eines Löwen gegen Pest und schwere Not empfohlen.
Goethe nennt ein zur Herstellung eines Allheilmittels in der Alchemie
benutztes Metall den „roten Leu" — meist als Quecksilberoxyd oder
Gold gedeutet.22

21 Otto Seel: Der Physiologus. Zürich — Stuttgart 1960, S. 3 f.

22 Trübners Deutsches Wörterbuch. Hrsg. von Albrecht Götze. Bd. 4. Berlin 1939, S. 503.

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