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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
55. Jahresband.1975
Seite: 52
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wußte nicht, daß es dem Abgrund des Bürgerkriegs entgegeneilte. Jubel
herrschte, als am 12. Mai gegen 10 Uhr die Abgeordneten der Rastatter
Besatzung, die der Ausgangspunkt der militärischen Revolution war, mit
grünen Eichenbüschen auf ihren Tschakos und einer schwarzrotgoldenen
Fahne Arm in Arm mit den Bürgern in die Stadt einmarschierten. Im
Sitzungssaal (Zähringer Hof) wurden sie als Bürgersoldaten stürmisch
begrüßt. Als Amand G o e g g aus Renchen, der Finanzminister der provisorischen
Regierung, sie mit einer revolutionären Rede empfing, erklärten
sie sich allerdings gegen die Republik. Die Sitzung verlief unruhig und
bot das Bild wilder Verwirrung. Selbst die führenden Männer bekamen
das Gefühl, daß sie die Geister, die sie gerufen hatten, nicht mehr bannen
könnten. Noch am Abend verließ eine Deputation Offenburg, um der
Karlsruher Regierung die Forderungen zu überbringen.

Die Nacht vom 12. zum 13. Mai verlief dank der durch Rees Umsicht
getroffenen Vorkehrungen ruhig. Die organisierte Bürgerschaft tat ihre
Pflicht und sorgte für Ordnung. Am Sonntag glich Offenburg einem gewaltigen
Ameisenhaufen. Eine ungeheure Menschenmenge drängte sich
zwischen den Stadtmauern. 35 000 Menschen sollen versammelt gewesen
sein. Jos. Viktor von Scheffel, der die Versammlung als liberal gesinnter
Student besuchte, hat sie in einem lebendigen Bericht geschildert. Die
Redner sprachen nicht mehr vom Balkon des Rathauses aus. Auf dem
Marktplatz war eine Rednertribüne aufgestellt und mit den deutschen
Farben und Fahnen geschmückt. In den Straßen und an den Häusern
leuchtete ebenfalls das Schwarz-Rot-Gold. Vor Eröffnung der Versammlung
kam aus Rastatt die Kunde, daß der Landesfürst mit der Regierung
aus Karlsruhe geflohen sei und daß der Landesausschuß im Begriff sei,
die verlassenen Zügel der Regierung zu ergreifen. Die Stunde der demokratischen
Republik hatte geschlagen. Nach Beendigung der Versammlung
rüstete sich der Landesausschuß zur Übersiedlung nach Rastatt, dem
Stützpunkt der Revolution. Schon im Laufe des Tages war die Eisenbahn
von der Revolutionspartei mit Beschlag belegt worden. Ein riesenlanger
Zug, vollgestopft mit Turnern, bewaffneten Freischärlern und Soldaten,
verließ gegen Abend den Bahnhof.

Jetzt ertönte überall der Ruf „Zu den Waffen!", begleitet von Trommelwirbel
und Trompetenschall. Der Offenburger Gemeinderat lehnte in seiner
Mehrheit die Revolution ab. Die Revolutionspartei aber verlangte auf
ungestüme Weise, daß die Bürgerwehr, die Ree zur Erhaltung der Ruhe
und Ordnung schon im Oktober 1848 gegründet und ausgerüstet hatte, in
das Unterland marschiere. An demselben Abend entbot Ree noch den
Gemeinderat zu einer Sitzung. Durch Fremde und Wehrmänner, die in
den Saal eindrangen und mit den Waffen drohten, wurde die Sitzung
wiederholt unterbrochen. Ree beruhigte die erregten Männer durch die
Erklärung, daß er am folgenden Morgen die gesamte Bürgerwehr antreten

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