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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
55. Jahresband.1975
Seite: 223
(PDF, 62 MB)
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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/ortenau1975/0229
nen Raum betete sie und zählte ihre Rosenkranzperlen vor einer Heiligen
Jungfrau aus Wachs, die in einem kleinen Gehäuse in die Mauer eingelassen
war; sie bettete sich wie eine Sklavin.

In einem anderen Raum steht ein ungestrichener Holztisch, und dahinter
sitzen in halber Lebensgröße Wachsfiguren der Heiligen Familie, die von
dem vielleicht schlechtesten Künstler, der jemals lebte, angefertigt und
in grellfarbige, dünne Gewänder gekleidet worden sind. Die Markgräfin
pflegte ihre Gerichte an diesen Tisch zu tragen und mit der Heiligen Familie
zu speisen. Welcher Einfall! Was für ein schauerlicher Anblick muß
das gewesen sein! Stellen Sie sich das vor! Diese toten Gestalten mit Haarschöpfen
, mit leichenhafter Gesichtsfarbe und an Fische erinnernden Glasaugen
sitzen an einer Seite des Tisches in der gezwungenen Haltung und
mit der starren Unbeweglichkeit, die allen wachsgeborenen Menschen
eigen ist, und diese runzlige, verschwelende Feuerfresserin sitzt an der
anderen Seite, murmelt in der geisterhaften Stille und dem undeutlichen
Dunkel einer winterlichen Dämmerung ihre Gebete und kaut ihre Wurst.
Man spürt ein Gruseln, wenn man nur daran denkt." 1

1 Bummel durch Europa. In: M. T-, Gesammelte Werke Bd. 3. Hrsg. von Klaus-Jürgen Popp. München
1966, S. 615—1104; hier S. 763 f. — Auf dieselbe Szene, jedoch ohne Ort oder Namen zu nennen,
spielt Wilhelm Hausenstein an (Vom Genie des Barock. München 1962, S. 26).

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