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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/ortenau1976/0091
ist natürlich kein Zufall, daß die Erfindung der Infinitesimalrechnung (...)
durch Leibniz und Newton in die Periode des Absolutismus fiel, wie auch
die Erfindung des Teleskops und des Mikroskops, mit deren Hilfe man die
Grenzen des Sichtbaren ins Unsichtbare zu verlegen suchte." 20 Ebenfalls
gegen solche Fernsicht hat die bürgerliche Opposition dann Widerspruch
angemeldet; in Naturbeschreibung wie -gestaltung erhob sie das Begrenzte
, Abgeschlossene, Intime zum Prinzip 21 (dem dann etwa die Neuanlage
des Parks von Schloß Favorite, 1802 bis 1805, Rechnung trug).

Schon anfangs war ja vom Mathematischen die Rede: anläßlich des
Descartes, der mit Leibniz und Newton ebenso verwandt sich zeigt wie
ihre (interessanterweise gleichzeitige, aber voneinander unabhängige) Erfindung
mit der seinen. Und auch diese liegt viertens insgeheim dem Plan
zugrunde, wenn nur das Schloß darin als architektonische Repräsentation
des Fürsten und damit als die Mitte des Koordinatenkreuzes" begriffen
wird, von der her dann alles andere erst seinen Ausgang nimmt; schon
hier läge ein Vergleich nahe, der aber nun sein eigenes Recht beansprucht.

In mehreren Beschreibungen des Rastatter (und auch des späteren Karlsruher
) Plans findet sich ein bezeichnender Ausdruck: das Schloß, so heißt
es, sende oder strahle die Straßen der Stadt gleich einer Sonne aus.22 In
diesem Bild erschließt sich fünftens der tiefste symbolische Sinn der so
beschaffenen geometrischen Anlage. Die Sonne nämlich, nach Ausweis
der gesamten christlichen Ikonographie ein göttliches Zeichen, ging eben
als Zeichen auf den absoluten Fürsten über, der sich ja, wie schon mehrfach
angemerkt, für einen weltlichen Stellvertreter Gottes hielt und halten
ließ.23 Nicht ohne Grund ist die dominierende Herrscherfigur des
Zeitalters, deren Bedeutung für Ludwig Wilhelm und Rastatt auch schon
hervorgehoben wurde, unter dem Namen eines Sonnenkönigs in die Geschichte
eingegangen. Die Zedlersche Enzyklopädie weiß ebenfalls hierüber
Aufschlußreiches zu berichten: „Ausser dem führet die Sonne die
Bedeutung der Weisheit, Gerechtigkeit, Wohlthätigkeit, Wahrheit, Klugheit
, Hoheit des Standes und Ansehens, Wachsamkeit in einem hohen
Amte etc. Der letztverstorbene König in Franckreich Ludwig XIV. hatte
zu seinem Helden-Spruch erwehlet eine Sonne, mit dem Beywort: Nec
pluribus impar, wodurch er seine hohe und weitaussehende Anschläge zu
erkennen gegeben, dem seine Schmeichler treflich in die Farbe zu spielen
gewust, und allein der sinnreiche Menetrier 132 Sinnbilder zusammen
getragen, welche alle die Sonne mit veränderten Ueberschrifften, die aber
mit einander auf dem Ruhm des Königs zielen, zum Grund haben." 24 Was
die Sonne in diesem Zusammenhang genauer besagt, wird im selben
Werk kurz darauf (unter dem Stichwort „Sonnen-Gleichnisse") ausgedeutet
: „Die obersten Regenten, in weltlichen Stande, davon alle Unterthanen
ihren Glantz und Ehre haben, Wärme und Schutz, aber auch sehr offt
gestochen und verbrannt werden".25

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